Das Aischtaler Filmtheater Höchstadt – Ein Beitrag zum Gemeinwohl

Das Aischtaler Filmtheater Höchstadt – Ein Beitrag zum Gemeinwohl

Statt zu versuchen, uns städtischerseits abzuschießen, wäre eine
Würdigung angesagt
Das Aischtaler Filmtheater wurde schon immer ehrenamlich geführt. Dazu gab
und gibt es weder steuerliche Vergünstigungen noch weiterreichende andere
Fördermittel. Im Gegenteil: Es wird mit hoher finanzieller und organisatorischer Eigenleistung
subsidiär bürgerschaftliches Engagement getätigt, statt sich in einem „Umsonst–Kino“ in die
soziale Hängematte zu legen. Mit dieser Kino(de)form(ation) verbindet uns rein gar nichts. Vor
2005 gab es in Höchstadt jahrzehntelang kein Kino. Bereits in Effeltrich hatten wir in
Zusammenarbeit mit den Lamm-Lichtspielen Erlangen ein Programmkino, das beliebte „Linden-
Kino“, aufgebaut. Mit unserem Zuzug nach Höchstadt hatten wir nacheinander an verschiedenen
Spielorten ein solches als „Kulturkino“, wie aus der „Aktionsliste“ ersichtlich, erfolgreich
eingerichtet. Unserem kurzfristigen Wegzug aus Höchstadt folgte die Rückkehr in 2014 mit einer
Gebäudeübernahme und Einrichtung des Filmtheaters. Dadurch bestand übrigens seitens der Stadt
kein Handlungs„zwang“ für den seinerzeit propagierten „Umsonstersatz“ zu einer Fahrt nach
Erlangen. Wie sich nunmehr herausstellte, basierten die unlizensierten und damit illegalen
Vorführungen des AKKU auf der Weitergabe einer „Schirmlizenz“ des in Erlangen ansässigen
Kreisjugendringes.
Es ist davon auszugehen, daß jede Stadt gute Verwaltungsfachleute hat, die vor jeder öffentlichen
Unternehmung die Rahmenbedingungen städtischen Tuns prüfen und abzuschließende Verträge
vorher lesen. Hier im AKKU wurde gegen Lizenzbestimmungen verstoßen. Filme wurden schon
lange ohne Lizenz von einem öffentlichen Veranstalter gezeigt, das ist die Verfehlung – vielleicht
in der Hoffnung, niemand merkt es. Urheberrechtsverletzungen werden „mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“. Das ist keine juristische Trickserei, die ein an sich
„ehrenwertes“ Angebot stilllegt, wie von manchem suggeriert werden könnte.
Dazu ist es ein bewährtes Vorgehen in der Politik, sich vom Täter zum Opfer reinzuwaschen.
Allerdings nicht ohne dabei diejenigen, die Feuer gerufen haben, zum Brandstifter zu erklären.
Manche wechseln dabei mühelos und ohne rot zu werden weg von der Sache auf die
Betroffenheitsebene. Dabei ist ihr Strickmuster so simpel wie durchsichtig: Wenn rechtsverletzend
gehandelt bzw. das Geld der Allgemeinheit verschleudert wurde, so räumt man einfach einen
„Fehler“ ein, offensichtlich in der Hoffnung, es bleibe unbemerkt, was sich hinter einer Fassade aus
moralisch guten Absichten zu kaschieren trachtet.
Unsere Grundhaltung bei der Gestaltung des Filmprogramms folgt dem unten aufgeführten Leitbild.
Unser Programmkino war und ist immer auch politisch, ohne parteipolitischen Zielen zu dienen.
Ähnlich hat das auch z.B. Michael Lerchenberg für das Theater formuliert. Die politischen
Anregungen ergeben sich auch aus den Filmthemen und/oder aktuellen Fragestellungen heraus.
Manche Besucher mögen andere Positionen bzw. Meinungen haben als die von uns präsentierten.
Warum soll unsere politische Einstellung gegenüber der von diesen mitgebrachten und vertretenen
abzuwerten sein?
Von daher laden wir alle Besucher auch weiterhin herzlich ein, die von uns gezeigten Filme als
Anregungen aufzugreifen und mit uns ins Gespräch zu kommen. Dabei steht es jedem frei, sich die
sachkundig vorbereiteten und bemühten Einführungen zu den Spiel– und Dokumentarfilmen
anzuhören. Wer es nicht hören will, macht eben für einige Minuten die Ohren zu. Auch nach dem
Film trifft jeder, der möchte, auf ein offenes Ohr für ein Gespräch. Diese – manchmal auch
kontrovers geführte – Gesprächskultur ist gelebte Demokratie und findet seit Jahren bei uns so statt.
Viele Besucher schätzen diese Offenheit jenseits des parteipolitischen Mainstreams. Natürlich
können wir nicht das ganze Spektrum interessanter, aktueller Filme zeigen, aber dafür gibt es auch
die Lamm Lichtspiele Erlangen oder das Odeon/Lichtspiel Bamberg, mit denen wir seit Jahren
erfolgreich zusammenarbeiten.
Unser Leitbild
Die Auswahl von Filmen orientiert sich am personalen Menschenbild unserer Verfassung. Kern
einer Beförderung der Demokratie ist die Entwicklung eines sozialen Gefühls und die Einübung
prosozialen Handelns – gerade bei Jugendlichen – durch entsprechende Vorbilder. Das entspricht
dem personalen Menschenbild des Grundgesetzes, welches das Bundesverfassungsgericht wie folgt
formuliert hat: „Das Menschenbild des Grundgesetzes ist nicht das eines isolierten souveränen
Individuums, das Grundgesetz hat vielmehr die Spannung Individuum – Gemeinschaft im Sinne der
Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person entschieden, ohne dabei
deren Eigenwert anzutasten.“ Es gilt dabei dem entgegenzuwirken, was Papst Franziskus treffend
ausführte: „Es ist die geistliche Armut unserer Tage, die ganz ernstlich auch die Länder betrifft, die
als die reichsten gelten. Es ist das, was mein Vorgänger, der liebe und verehrte Benedikt XVI.,
‚Diktatur des Relativismus‘ nennt und was jeden sein eigener Maßstab sein lässt und so das
Zusammenleben unter den Menschen gefährdet.“ (Audienz für das am Heiligen Stuhl akkreditierte
Diplomatische Korps, 22.03.2013)[1]
Die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens setzt unter uns Bürgern eine sichere, d.h.
verbindliche Wertegrundlage bei jedem Einzelnen voraus. Die bewährten Grundwerte (z.B.
Hilfsbereitschaft, soziale Verantwortung, Heimatverbundenheit, Menschenwürde, ) wurden und
werden in unserer Arbeit gestützt. Ihnen gilt es wieder zu mehr Achtung zu verhelfen. Die
Einübung einer und Unterstützung bei der Einhaltung dieser Werte eines auf Interessenausgleich
und friedlicher Konfliktlösung beruhenden Miteinanders sollte dabei bereits in Kindheit und Jugend
einsetzen. Leider wird hingegen zunehmend aggressives Verhalten speziell durch Medienvorbilder
als erstrebenswertes Mittel dargestellt und dabei nicht nur durch Jugendliche imitiert. Gerade der
Konsum von Gewaltdarstellungen kann den Einzelnen unempfindlicher gegenüber realer Gewalt
machen und ihn dazu verleiten, diese als selbstverständlicher, gewissermaßen als naturgegeben,
hinnehmen.
Bekanntermaßen wird die Würde des Menschen im zwischenmenschlichen Geschehen gebildet und
muß von daher als emotionale Qualität gelebt und vor allem für die jüngere Generation erlebbar
gemacht werden. Dazu gehört vor allen die Achtung vor dem und das Einsetzen für den
demokratisch verfaßten Rechtsstaat. Es ist kein Zufall, daß 1948 – nach dem furchtbaren Zweiten
Weltkrieg – in die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen als erstem
Punkt aufgenommen wurde:
„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und
Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“
Eine weitere Grundvoraussetzung für die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit stellt die
soziale Verbundenheit mit der näheren und weiteren menschlichen Umgebung – insbesondere der
Familie – dar. Insofern stellen für uns selbstverständlich Ehe und Familie „die natürliche und
sittliche Grundlage der menschlichen Gemeinschaft [dar]“.
In unserer Kulturarbeit ging und geht es folglich auch darum, bei der Filmauswahl thematisch auch
die Familie in ihrer schwierigen Aufgabe für den Erhalt der Grundlagen unserer Gesellschaft – auch
in der Unterstützung bei der Weitergabe der kulturellen Überlieferung – zu unterstützen. Was eine
Familie zu leisten imstande ist, kann kein Sozialarbeiter ersetzen. Jeder Mensch ist auf Kooperation
angelegt und angewiesen, lernt gewissermaßen sein Leben lang im Wechselspiel mit und in
Orientierung an seinen Mitmenschen. Im Aufbau der von uns gezeigten Filme sollte für die
Zuschauer jeweils ein dem realen Leben entsprechend nachvollziehbarer Handlungsablauf
dargestellt werden. Die Darstellung verschiedener Lebensziele und Lösungsmöglichkeiten in
Problemlagen sollte dabei stets Anlaß zu Hoffnung und positivem Ausblick bieten. Die bewährten
historisch gewachsenen Strukturen unseres Zusammenlebens gilt es zu sichern und auszubauen.
Ebenfalls gilt es in diesem Zusammenhang auf ein Anregen und Fördern von wechselseitigem
Verbunden– und Verpflichtetsein der Generationen hinzuwirken. Das jeweilige menschliche
Verankertsein bedingt auch für den älter werdenden Menschen die Stärke und Kraft bezüglich
seiner seelischen Verfassung, seiner Gesundheit und seiner Bereitschaft zum Leben der nächsten
Generationen beizutragen. Wir sehen uns sowohl in unserer künstlerischen als auch kulturellen
Tätigkeit dazu verpflichtet, die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechtes
dauernd zu sichern.

[1] http://www.bistum-regensburg.de/glauben/papst-franziskus-in-zitaten/#accordion

Von daher verbietet es sich, beispielsweise Filme wie „Am Ende ein Fest“ zu zeigen. Dieser
Propagandafilm, der für assistierten Suizid und den Tod auf Verlangen (analog dem NS–Film „Ich
klage an) wirbt, entspricht der aktuell forciert erzeugten Bewußtseinssteuerung des politischen
Mainstreams. Der Film ist ein Affront gegen chronisch Kranke, Behinderte und ältere Menschen.
Hingegen bleiben wir bei unserem Anliegen, Auswahl und Präsentation von Filmen jeweils mit
einem aktuellen Bezug so einzuordnen, daß der Besucher als Bürger Anregungen dazu bekommt,
welche der damit verbundenen Sachaspekte des Zeitgeschehens er daraus für sein Leben nutzbar
machen möchte.
Verein Förderung der Filmkultur e.V.
Häckersteig 9b
91315 Höchstadt/A.
„Filmtheater ist eine Kulturinstitution“
titelte der Fränkische Tag am 31.07.2007. Und weiter: „Mit seinem Alternativ–Kino will Werner
Schramm das Höchstadter Publikum bilden.“ „Heimatpflege auf der Leinwand“ hieß es in der
Beilage „Bei uns“ am 17.10.2007.
Eine Auswahl an Projektdarstellungen
Das Aischtaler Filmtheater (vormals Effeltricher Dorfkino) eröffnete im November 2005 in
Höchstadt im Haus der Vereine seine Pforten. Bereits vor seiner offiziellen Eröffnung begleitete es
mit einem Filmprojekt anläßlich einer Wiederbegegnung der noch lebenden Spieler der deutschen
und ungarischen WM–Mannschaften von 1954 diese bei den Barmherzigen Brüdern Gremsdorf.
Zudem wurde dazu auch der Film „Das Wunder von Bern“ präsentiert.
2006 kam die Dokumentation „Lost Children – verlorene Kinder“ von Ali Samadi Ahadi und
Oliver Storz über das Schicksal von Kindersoldaten in Uganda in die Kinos. Dieser Film wurde als bester Dokumentarfilm mit dem Deutschen Filmpreis 2006 ausgezeichnet. Unter der Schirmherrschaft des damaligen Landrats Eberhard Irlinger präsentierte das Filmtheater sowohl in den Lamm–Lichtspielen Erlangen als auch in Höchstadt
(im Rahmen einer Afrikareihe, gemeinsam mit der WAB) in Anwesenheit des Regisseurs diesen Film.
Hierzu Landrat Irlinger in der Presse: „Diese Zustände kann man nicht ignorieren.“ Man müsse
aktiv werden, so Irlinger weiter, mit der Afrikareihe werde man zwar die Welt nicht verändern.
Aber sie sei zumindest ein kleiner Schritt im Kampf gegen das Unrecht. Und „wenn viele
Menschen viele kleine Schritte tun, bewegen wir am Ende doch etwas“. Das Internat des Abbé
Denis in Burundi benötigte speziell für die Durchführung des Abiturs einen Fotokopierer. Die
Afrikafilmreihe ergab, auch mittels zahlreicher Schulvorstellungen, eine umfangreiche Spende
mehrerer an der Filmreihe Beteiligter, die es ermöglichte, ein solches Gerät auf dem Luftweg zu
verschicken. Werner Schramm vom Filmtheater hatte zuvor mit Abbé Denis im Rahmen von dessen
Deutschlandreise sowohl in den Lamm–Lichtspielen als auch bei der katholischen Kirche in
Bamberg verschiedene Begegnungen arrangiert.
2006 war Prof. Dr. med. Dr. h.c. Edmund Lengfelder, Vorsitzender des Otto–Hug–
Strahleninstitutes München und Prof. für Strahlenbiologie an der Ludwig–Maximilian–Universität
München in unserem Filmtheater zu Gast und berichtete über die zunehmende weltweite atomare
Verseuchung in der Atmosphäre und ihre Auswirkungen auch in unseren Breiten.
Grundlage war der – bereits vom WDR im Rahmen „die story“ gezeigte – Dokumentarfilm „Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“, den der Filmemacher Frieder Wagner 2004
zusammen mit Valentin Thurn über die betroffenen Menschen im Irak, in Afghanistan und auf dem Balkan gedreht hatte und der uns sehr informativ und gefühlvoll an die Problematik der Uranwaffen heranführt. Wir begegneten den Müttern und ihren leukämiekranken Kindern auf den Kinderstationen in Bagdad, Basra und auf dem Balkan. Sein Film dokumentierte eine Reise des deutschen Arztes und Epidemiologen Prof. Dr. Siegwart–Horst Günther mit Forschern des von Prof. Durakovic geleiteten Uranium Medical Research Centre in den Irak und auf den Balkan. 1991 erkannte Prof. Günther „als erster die schrecklichen Auswirkungen der Uranmunition. Sie wurde tonnenweise von amerikanischem und englischem Militär im Golf–, Bosnien– und Kosovo–Krieg verschossen. Die radio–chemotoxische Wirkung betrifft nicht nur das Militär, sondern genauso die Zivilbevölkerung. Die Folgen sind unübersehbar überall die gleichen: Leukämie und genetische Defekte, Mißbildung bei Neugeborenen und Krebs bei Erwachsenen.“
In Zusammenarbeit mit Hospizverein Höchstadt präsentierten wird einen Kurzspielfilm, der sehr einfühlsam die Bedeutung der Familienbande für die Bewältigung von Lebenskrisen thematisierte. Leben und Sterben sind natürliche Abläufe, deren Zugang Kindern manchmal leider durch Mediengewalt und andere Einflüsse verstellt wird. Nach dem Film wird Gelegenheit zur Diskussion sein. Hierzu werden durch einen Höchstadter Mediziner unter anderem die Bedeutung der Palliativmedizin und durch die Stadtpfarrer die Frage des seelischen Beistandes für ein würdiges
Leben und Sterben erläutert. Eingebettet in diese Zusammenhänge wurde von Aktiven die Hospizidee, das „achtungsvolle Begleiten von Menschen in der Endphase ihres Lebens“, vorgestellt.
Im Rahmen der Tarnowitzer Kunstpräsentation wurde 2006 vor Schülern der Realschule Höchstadt
im Aischtaler Filmtheater eine Kurzfilmauswahl polnischer Filmemacher gezeigt. Der Fränkische
Tag berichtete damals: „Landrat Irlinger eröffnete den Morgen und machte den Schülern aus der
Geschichte der deutsch–polnischen Beziehungen heraus die Bedeutung dieser Begegnung deutlich:
‚Versöhnung durch kulturellen Austausch‘.“ Landrat Irlinger bedankte sich schriftlich beim
Vereinsvorsitzenden Werner Schramm für dessen Engagement: „Ihre Unterstützung hat maßgeblich
zum Gelingen der gemeinsamen Tage beigetragen. Ich bedanke mich sehr für die gute
Zusammenarbeit, auf die ich auch gerne in Zukunft vertraue, wenn es um die Umsetzung
gemeinsamer Vorhaben geht.“
In Zusammenarbeit mit den Lamm–Lichtspielen Erlangen und verschiedenen Biolandbauern zeigte
das Filmtheater den aufrüttelnden Film „We feed the world – Essen global“. In Anbetracht der
Welternährungslage konnte diese Doku mit Unterstützung einiger Biolandbauern auch hier in
Höchstadt viele Menschen erreichen.
Neben der Präsentation zahlreicher aktueller Spielfilme unterstützte das Filmtheater weiterhin die Aktionswoche „Kein Krieg mit Kindern“ anläßlich der Vortragsreihe der ehemaligen Kindersoldatin China Keitetsi im Landkreis Erlangen–Höchstadt sowohl in Höchstadt (Realschule), Erlangen und Nürnberg. Das Aischtaler Filmtheater veranstaltete gemeinsam mit UNICEF–Erlangen und dem Erlanger Dekanatsmissionspfarrer Wilfried Lechner–Schmidt dazu einen Filmabend mit Diskussion. Die Vertreterin von UNICEF führte zudem sowohl in den Lamm–Lichtspielen Erlangen
5als auch im Filmtheater Höchstadt die „Schule in der Kiste“ vor, mit der auch unter schwierigen lokalen Bedingungen Unterricht durchgeführt werden kann. Darüber hinaus präsentierte das Filmtheater die Filmdokumentation „Südfrüchte aus Oberndorf“ (D 1984) von Wolfgang Landgräber (ehemaliger Programmleiter beim WDR) zu Waffenbau und –export der Firma Heckler&Koch in Oberndorf am Neckar, sowie „Die geraubte Kindheit – Ein neues Leben für ehemalige Kindersoldaten“ über ein Übergangsheim von UNICEF in Sierra Leone für Kinder, die Opfer des Krieges geworden sind.
Alljährlich hat das Aischtaler Filmtheater ab 2006 in Zusammenarbeit mit den Lamm–Lichtspielen Erlangen ein Sommerfilmfest mit ausgewählten Filmen des Open–Airs Erlangen veranstaltet. Ebenfalls 2006 bearbeitete das Filmtheater den Heimatfilm „1933/34 Höchstadt“ des Volksschuloberlehrers Friedrich Gebhardt. Aus dem Stummfilm wurde eine DVD: Darsteller von damals, wie Sieglinde Necktitz und Alois Schell, sprachen den Kommentar, verfaßt von Sebastian Schmidt und örtliche Musiker spielten den musikalischen Hintergrund dazu ein. Der Film ist gegenwärtig im Heimatmuseum abrufbar. Ebenfalls präsentiert werden konnte „Die Reise des Ritters von Spix nach Brasilien“, ein Mitschnitt der Aufführung im Heimatmuseum) Der bereits erwähnte Kölner Filmemacher Frieder Wagner, der u.a. auch mit dem Adolf–Grimme–Preis ausgezeichnet wurde, zeigte 2007 seinen Berlinalebeitrag „Deadly Dust – Todesstaub“ sowohl in den Lamm–Lichtspielen Erlangen als auch im Aischtaler Filmtheater. Der Autor nannte seinen Filmbeitrag die „Dokumentation eines Kriegsverbrechens“. Inhaltlich geht es um die Verwendung radioaktiv strahlender, höchgiftiger und sogar das Erbgut verändernder Uranmunition (Depleted Uranium) im Golf– bzw. Irakkrieg 1991/2003 durch die US–Truppen. Das Filmtheater organisierte eine Autorenreise durch verschiedene Programmkinos nicht nur in der näheren Region (Erlangen, Fürth, Bamberg, Ochsenfurt, Schweinfurt, Würzburg und Augsburg). Obwohl der Erzbischof von Bamberg unser Engagement für den Film seinerzeit hervorhob, weigerte sich die Medienzentrale Bamberg, den Film ins Programm zu nehmen. Daraufhin wandte sich Werner Schramm vom Filmtheater an den Kölner Kardinal Meisner, der den Film in einer Schulfassung über das Katholische Filmwerk schließlich verbreiten half. In Höchstadt präsentierte das Filmtheater diese Fassung, die dann u.a. Eingang in die Kreisbildstelle fand. Im März 2008 zeigte das Filmtheater in Zusammenarbeit mit der Pfarrei St. Georg Höchstadt
(Dekan Kemmer) und der Evangelisch–lutherische Kirchengemeinde Höchstadt/Aisch (Pfarrer Schäfer) den Kinodokumentarfilm „DEADLY DUST – Todesstaub“. Aus der damaligen Ankündigung: „Es war der aus Sachsen stammende Tropenarzt und Epidemiologe Dr. Horst–Siegwart Günther (zeitweiser Mitarbeiter von Albert Schweitzer), der 1991 nach dem Golfkrieg im Irak, zum ersten Mal auf die höchst gefährlichen Nachwirkungen von so genannter Uranmunition (aus abgereichertem Uran, engl.: Depleted Uranium) hingewiesen hat, die dort im Krieg damals
tonnenweise verschossen wurde. Aber auch in Afghanistan wurden radioaktive Waffen eingesetzt. Betroffen sind nicht nur Soldaten beider Seiten, sondern auch die durch das jahrelange Embargo geschädigte Zivilbevölkerung. Eingeatmet verursacht dieser radioaktive Feinststaub Krebs. Der Einsatz dieser Waffen ist ein Verbrechen „gegen Gott und den
Menschen“. Die radioaktiven Nanopartikel haben durch Winde mittlerweile längst Europa erreicht. Bedenken wir: Es ist nicht irgendwo weit weg, es ist hier bei uns. Wir sind betroffen, unsere Soldaten und deren Familien – wir können uns nicht durch Spenden freikaufen, wir müssen handeln. Darüber sollten wir ins Gespräch kommen.“ Was ist seitdem passiert, daß der Vertreter der katholischen Kirche seinerzeit unser Engagement vor Ort unterstützte, jedoch 2014 sich dahingehend engagierte, „Bürgermeister für den Frieden“ (Mayors for Peace) zu boykottierten, obwohl sich Papst Franziskus vor der UNO gegen Atomwaffen aussprach? Auf Anregung des damaligen Werkstattleiters Jürgen Ganzmann bei den Barmherzigen Brüdern Gremsdorf gründete Werner Schramm die Filmgruppe „Querschnitt“ der Bennedict–Menni–Werkstatt. Bewohner der Einrichtung entwarfen und spielten dazu Szenen aus ihrem Alltag. Unter
dem Titel „Grimme–Preisträger zeigt Tricks“ unterstützte Frieder Wagner die Gremsdorfer Filmbegeisterten mit filmerischen Tips und Tricks. Die Ergebnisse der Filmgruppe wurden sowohl bei den Barmherzigen Brüdern gezeigt als auch mehrfach beim Menschenrechtsfilmpreis in Nürnberg eingereicht. In 2007 wurde der VdK 60 und in einer Zusammenarbeit von Lamm–Lichtspiele Erlangen, Casino–Lichtspiele Eckental und dem Aischtaler Filmtheater mit dem VdK Kreisverband Erlangen–Höchstadt luden wir zu einer engagierten Filmreihe ein: Hierwurde sowohl die Durchberechung des Teufelskreises von Arbeitslosigkeit, des Alkohols und des gesellschaftlichen Niedergangs genauso
thematisiert wurde wie häusliche Gewalt, eine Tanztheaterproduktion, deren meisten Mitglieder dieser frisch entstandenen Seniorentruppe jenseits der 66 Jahre waren. Aber auch Alzheimer und das Leben mit Behinderungen wurden einfühlsam und optimistisch behandelt. Das Filmtheater unterstützte auch die Themennächte der Stadt Höchstadt – wie hier die Indische Nacht – mit engagierten Filmen. So wurde zur Einstimmung der Film „The Namesake (Der Namensvetter) – Zwei Welten, eine Reise“ (USA 2006), der ein junges indisches Paar, dessen Hochzeit von den Eltern arrangiert wurde, zeigt. Sie ziehen Ende der 70er Jahre von Kalkutta nach New York. Mira Nairs Verfilmung des gleichnamigen Romans von Pulitzer–Preisträgerin Jhumpa Lahiri zeichnet die Familiengeschichte der bengalischen Familie Ganguli nach, hin– und hergerissen zwischen Indien, wo ihre Wurzeln liegen, und den USA, wo die Kinder sich zu Hause fühlen. Meisterhaft gefilmt: Indische Straßenskizzen, musikalische Miniaturen und das Leben in
und zwischen zwei Kulturen. Ein unaufgeregtes, sanftes und auch humorvolles Familienportrait –sensibel inszeniert und beeindruckend gespielt. Ebenfalls in 2007 präsentierte sich der Landkreis unter derSchirmherrschaft des damaligen Landrates Irlinger bei den deutsch–polnischen Kulturtagen in Tarnowskie Gory (Oberschlesien). Zu der Gruppe
„hochkarätiger Künstler“ gehörte auch das Aischtaler Filmtheater, das mit in polnischer Sprache unterlegten
Kurzfilmen glänzte. Anfangs 2008 begann eine Filmreihe unter dem Titel „Wendepunkte des polnischen Films“. Gezeigt wurde eine Serie von Spielfilmen aus und über Polen. Die Streifen leisteten auch zu realsozialistischen Zeiten
künstlerischen Widerstand. Aber auch das postsozialistische Land wird kritisiert. Die politischen Ereignisse des Jahres 1989 bedeuteten einen Wendepunkt auch für die Arbeitsweise des polnischen Kinos, das bis dato staatlicher Kontrolle
unterlag. In verschiedenen Filmarbeiten spielt die Geschichte Schlesiens eine bedeutende Rolle. In dieser Zeit entstanden wichtige künstlerische Strömungen der polnischen Kinogeschichte. Die Filmreihe „Wendepunkte“ wollte diese Entwicklung exemplarisch nachzeichnen und knüpfte damit an die gemeinsamen Kulturtage des Landkreises Erlangen–Höchstadt und Tarnowskie Gory im Mai 2007 an. Landrat Eberhard Irlinger hat deswegen die Schirmherrschaft übernommen und eröffnete die Reihe unter dem Motto: Polnische Filmreihe hilft Brücken des Verständnisses bauen. Landrat Irlinger hob anläßlich der Eröffnungsveranstaltung die erfreuliche und erfolgreiche
Kulturarbeit des Filmtheaters hervor. Diese habe sich insbesondere bei der Vorbereitung und Durchführung der Kulturwoche im Partnerlandkreis Tarnowitz gezeigt. Aus diesen persönlichen
Begegnungen sind tragfähige Projekte geworden und Kulturaustausch sei nun einmal ein wichtiger
Baustein der Versöhnungsarbeit, indem Freundschaften aufgebaut und neue Sichtweisen auch auf
das eigene Lebensumfeld im Spiegel der anderen Wahrnehmungen ermöglicht werden. Insofern
konnten auch aktuelle Arbeiten bedeutender Filmschaffender präsentiert werden, wobei auch hier
polnische Freunde wichtige Impulse für das Verständnis dieser Werke gaben. Deutsche Untertitel
waren zwar hilfreich, ermöglichten jedoch allein kein tieferes Verständnis der gezeigten
Zusammenhänge – es sind eben die Eigenheiten beispielsweise der schlesischen Tradition, die sich
auch erst durch Einblick in sprachliche Nuancierungen erschließen ließen. Anwesende polnische
Mitbürger trugen ein Übriges zum gegenseitigen Verstehen bei. Landrat Irlinger überreichte in
diesem Zusammenhang auch als Ausdruck der Würdigung der Arbeit des Filmtheaters eine Spende
der Kreissparkasse Höchstadt.


Weiterhin konnten in 2007 – wie auch in den folgenden Jahren – Grundschulkinder in die
Geschichte von Film und Kinos hineinschnuppern. Gezeigt wurde ihnen der mühsame Erfinderweg
von Reihenfotos über die mechanischen Lösungen des Filmtransports hin zum bewegten Bild auf
der Kinoleinwand, was die Kinder in einfachen Versuchen nachvollziehen konnten. Eine kurze
filmische Zusammenfassung der Anfänge des Kinos und ihrer „Erfinder“ rundete den spannenden
Vormittag ab. Viel Spaß hatten die Kinder auch bei der Erstellung eigener kurzer (Film)Streifen, in
denen sie kurze Alltagssequenzen gestalteten. Obwohl der Stoff sehr anspruchsvoll und kompakt
war, meisterten die Schüler ihn mit Bravour.

Eltern, Grosseltern und Pädagogen sollten wachsam sein und nicht auf pseudowissenschaftliche Argumente hereinfallen!

Man glaubt es kaum: Jetzt sollen Jugendliche mit vom Staat geförderten Killerspielen für zukünftige Aufgaben vorbereitet werden nach dem Motto: „Die Deutschen müssen wieder das Töten lernen“. Anträge an den Bundestag wurden im Herbst 2007 bereits gestellt! ***

(“Die Deutschen müssen das Töten lernen” – Spiegel am 20. November 2007 (Titelseite). Der Satz war ein Zitat, das ein Vertreter der Bush-Administration gegenüber dem Beauftragten der Bundesregierung für deutsch-amerikanische Beziehungen, Karsten Voigt, geäußert haben soll.)

Wenn wir nicht opponieren, geht die Politik nach Juncker’s Methode vor: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.”
(Jean-Claude Juncker erklärt seinen EU-Kollegen die Demokratie – SPIEGEL 52/1999)

Lesen Sie den nachfolgenden, sorgenvollen Brief, erhalten per E-Mail am 08. Mai 2008 von

Elke Ostbomk-Fischer

*Diplom Sozial-Pädagogin, Fachhochschule Köln, Fakultät für angewandte Sozialwissenschaft, Ausbilderin GwG Schwerpunkte: Gewalt und Gewaltprävention, Psychosoziale Beratung, Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung, Computerspiele; langjährige Berufspraxis mit gewaltbereiten und straffälligen Jugendlichen

Betreff: gewaltorientierte Computerspiele – politische Strategien der Parteien

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in der Anlage (siehe ***URLs am Schluss des Briefes) übersende ich Ihnen einige aktuelle Bundestagdrucksachen als Belege für „längst geschaffene Tatsachen“ der politischen Strategien. Diese weisen auf eine politische Entwicklung hin, welche sehr beunruhigend ist.

Aufmerksam wurde ich auf diese rasante Entwicklung, als ich bei der zweiten gemeinsamen Großveranstaltung 1 „Clash of Realities“ von Electronic Arts und „meiner“ Fachhochschule Köln die Eröffnungsvorträge und die „Podiumsdiskussion“ in der Aula anhörte. Alle Referenten (z.B. Rektor Joachim Metzner, Konzernchef von Electronic Arts Deutschland Thomas Zeitner, Thomas Krüger von der Bundeszentrale für politische Bildung, Winfred Kaminski, Leiter des Instituts für Medienforschung an der FH Köln und Leiter von „Spielraum“ (gemeinsames Fortbildungsinstitut von EA und FH Köln), Parteienvertreter, Vertreter von Fernsehsendern usw.) berichteten mit großer Zufriedenheit, z.T. sogar mit euphorischer Begeisterung, dass nach dem ersten Kongress „Clash of Realities“ 2006 der Siegeszug von Computerspielen auf allen gesellschaftlichen Ebenen nicht mehr aufzuhalten sei. Durch die Mitwirkung von „namhaften und renommierten Wissenschaftlern“ seien die Widerstände gegen dieses neue „Kulturgut“ überwunden worden. Und auch in allen politischen Feldern sei nunmehr „parteiübergreifend“ die Einsicht gereift, dass Computerspiele zum Kulturgut unserer Gesellschaft gehören und für die Jugend von großem Wert seien. Ein Verbot „bestimmter Spiele“ sei endgültig vom Tisch, diesbezügliche Anträge seien zurückgezogen worden. Alle Beiträge wurden mit Zahlen und Daten über den riesigen wirtschaftlichen Erfolg der Herstellerkonzerne untermauert. Immer wieder sehr lobend erwähnt wurde dabei das Gutachten, welches das Hans-Bredow-Institut erstellt hatte, um die gute Wirksamkeit des deutschen Jugendschutzes zu überprüfen. 

Das Hans-Bredow-Institut hatte zu diesem Zweck eine umfangreiche Expertise erarbeiten lassen und hiermit Herrn Prof. Dr. Jürgen Fritz beauftragt. Das Hans-Bredow-Institut hatte allerdings schon mehrere Monate zuvor am 21.11.06 die Ergebnisse und Schlussfolgerungen dieses 2 Gutachtens auf ihrer Internetseite veröffentlicht und sogar eine einseitige Empfehlung ausgesprochen: Verbote von Computerspielen sind nicht notwendig und pädagogisch nicht sinnvoll, auch nicht bei extrem gewaltorientierten Spielen, so lautet das vorgezogene Fazit. Die Frage des möglichen Verbotes war aber im Auftrag gar nicht enthalten. Auch ist das Hans-Bredow-Institut für pädagogische und psychologische Fragen nach meinem Wissensstand nicht qualifiziert. Sicher ist jedoch, dass die dortigen Entscheidungsträger (Welche Personen sind das? Wie heißen sie und in welcher Funktion sind sie?) die Arbeiten, Meinungen und Äußerungen von Jürgen Fritz kennen mussten, da sie unter allen Expertinnen und Experten, die zum Teil hochqualifizierte Arbeiten in diesem Bereich geleistet und publiziert haben, ausgerechnet Jürgen Fritz auswählten. Bekannt ist, dass Fritz seit ca. 20 Jahren ausschließlich positive Bewertungen über Computerspiele verbreitet. Dies geschieht häufig sogar in fast schwärmerischer Begeisterung. Gleichzeitig leugnet Fritz in seinen zahllosen Publikationen stets die negativen Auswirkungen von Gewaltinhalten. 

Entsprechend problematisch ist auch die „Expertise“ von Jürgen Fritz für das Hans-Bredow-Institut: hier finden sich seitenweise Passagen, die z.T. schon wortwörtlich vor 15 Jahren in seinen publizierten Texten standen. Ein kurzer Auszug: „Die Bildschirmspiele bieten Erfolgserlebnisse in Leistungsbereichen und zu Spielinhalten, die sich die Spieler selbst aussuchen und dessen Schwierigkeitsgrad sie selbst bestimmen können. Sie verstärken damit die Zuversicht der Spieler, sich in der Lebenswelt behaupten und das ‚Königreich des eigenen Lebens’ errichten zu können. Die virtuelle Wirklichkeit des Bildschirmspiels wirkt, weil seine wesentliche Botschaft zu den wirkungsvollsten Wirkkräften des Lebens gehört.“ (Quelle: J. Fritz: Expertise für Hans-Bredow-Institut 6/2007 S. 4; wortgetreu ebenso: J. Fritz: Warum Computerspiele faszinieren. Weinheim 1995 S. 38; wortgetreu ebenso: J. Fritz: Modelle und Hypothesen zur Faszinationskraft von Bildschirmspielen. Köln 1992/93 S. 23; usw.-usw). Auf diesem Niveau ist das gesamte Gutachten aufgebaut. 

Diese und ähnliche 3 Texte werden in der Expertise als „neueste wissenschaftliche Erkenntnisse“ präsentiert und damit als „Beweise“ vorgelegt, dass Verbote von besonders gewalthaltigen Computerspielen unnötig und unsinnig wären. Im Kapitel 9 „Was von den Gesetzesinitiativen zu halten ist“ richtet sich Fritz nachdrücklich gegen die Verbotsforderungen. Als Beispiel „untersucht“ er das Sofortprogramm von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, mit welchem extrem gewaltbeherrschte Spiele verboten werden sollten. Als wissenschaftliche Begründung schreibt Fritz: „Eine solche gesetzliche Bestimmung ginge an der Realität virtueller Spielwelten vorbei. Wie ausführlich dargelegt wurde, gehört es zum Wesen der Computer- und Videospiele gegen einen „Widerstand“ die Spielziele durchzusetzen. Das Erreichen des Spielziels ist bei den allermeisten Spielen untrennbar mit den verschiedenen Formen der Gewaltanwendung verbunden (Abschießen von Raumschiffen, Vernichten von Armeeeinheiten, Abdrängen eines Autos, Erledigen von Monsterhorden, Zerstören von Gegenständen, bis hin zu sportlicher Gewalt). Die Gewaltanwendung kann in sehr unterschiedlicher grafischer Form erfolgen: phantastisch bis realistisch, comicartig bis futuristisch, kleinteilig bis großflächig. Ein Abgabeverbot würde die meisten Computer- und Videospiele betreffen, auch diejenigen, die mit USK 12 gekennzeichnet sind.“ (Quelle: J. Fritz: Expertise für Hans-Bredow-Institut 6/2007, Kapitel 9, S.54) 

Vielleicht glauben wir nun, nicht richtig gelesen oder den Sinn falsch verstanden zu haben: Der ausgewählte Experte macht hier tatsächlich ein Geständnis, dass fast alle Computerspiele die Aufforderung zur Gewalt beinhalten und dass er sich mitschuldig gemacht hätte, über viele Jahre zur Verbreitung dieser menschenverachtenden Produkte beigetragen zu haben. Vielmehr begründet Fritz mit diesen Worten, dass ein gesetzliches Verbot solcher Gewaltspiele aus seiner Expertensicht „nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ nicht zu empfehlen sei. Seine Schlussempfehlung lautet dann auch, dass Eltern und Pädagogen durch „Weiterbildung“ geschult werden sollen, solche Gewaltspiele zu akzeptieren und Kinder und Jugendliche dafür passend zu machen. Dazu, erklärt Fritz, müssten Kinder eine “Rahmungskompetenz“ entwickeln: dies bedeutet nach 4 seiner Logik, dass Töten und Foltern als „ästhetische Konvention“ akzeptiert werden soll. 

Ein Fortbildungsinstitut, in welchem diese „Fähigkeiten“ vermittelt werden, ist das Institut „Spielraum“, eine Initiative von Herstellerkonzern Electronic Arts gemeinsam mit Jürgen Fritz und Winfred Kaminski an der Fachhochschule Köln. Hier fand auch unter derselben Federführung der anfangs erwähnte Kongress statt. 

Zurück zu diesem Anfang: Recherchen ergeben, dass die euphorischen Reden auf der Großveranstaltung „Clash of Realities“ 2008 Wahrheiten enthalten haben: Die angefügten Beschlussvorlagen der Parteien 5 lassen befürchten, dass das Gutachten des Hans-Bredow-Instituts und die Expertise von Jürgen Fritz fatale Früchte getragen haben – im Geiste, in den wirtschaftlichen Interessen und sogar in den Formulierungen. 

Was ist zu tun?

Mit ernsthaft beunruhigten, aber dennoch freundlichen Grüssen

Elke Ostbomk-Fischer

 
Quellen:

1. Clash of Realities – 2nd International Computer Game Conference Cologne

http://www.f01.fh-koeln.de/fakultaet/termine/00649/index.html

2. Expertise Jürgen Fritz im Auftrag des Hans-Bredow-Instituts für das Projekt

„Das deutsche Jugendschutzsystem im Bereich der Video- und ComputerspieleSite Bredow-Institut:

http://www.hans-bredow-institut.de/forschung/recht/jugendmedienschutz-games.htm

3. Direktlink:

http://www.hans-bredow-institut.de/presse/070628Expertise_Fritz.pdf

4. Spielraum – Institut zur Förderung von Medienkompetenz

http://www1.fh-koeln.de/spielraum/

5. Beschlussvorlagen der Parteien:

*** http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/080/1608033.pdf

*** http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/072/1607282.pdf

*** http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/071/1607116.pdf


In 2008 unterstützten wir den Kölner Aufruf gegen Computergewalt „Wie kommt der Krieg in die
Köpfe – und in die Herzen?“ Erstunterzeichner im Filmtheater war hier Landrat Irlinger, der auch
die Schirmherrschaft über die dreiteilige Veranstaltungsreihe in der Realschule Höchstadt
übernahm. Die Projektarbeit des Aischtaler Filmtheaters unterstützten Caritas Erlangen–Höchstadt,
das Jugendbüro Höchstadt, die Laufer Mühle, die Pfarrei St. Georg Höchstadt sowie WAB
Kosbach/AWO Erlangen. Unter dem Titel „Gewaltkulturverhindern! Gewaltdarstellungen in den
Medien sind eine Gefahr für unser demokratisches und soziales Gemeinwesen“ referierten unter
anderem Dr. Werner Hopf, ehemaliger Mitarbeiter an der Staatlichen Schulberatungsstelle Obb.–
Ost („Dumm und Aggressiv – Wirkungen von Mediengewalt auf Kinder und Jugendliche“), Dr.
Sabine Schiffer, Institut für Medienverantwortung Erlangen („PC–Spielstrategien: Eine Gefahr für
den (Familien–)Frieden – und wie man dem Unfrieden vorbeugt“) und Heribert Schneider, Dipl. Pych., Leiter der Erziehungsberatungsstelle der Caritas Herzogenaurach/Höchstadt („Die Bedeutung der Bindung in der Familie – Erziehung heute“). Der vom Filmtheater verbreitete Kölner Aufruf vertrat die Thesen, daß Killerspiele Landminen für die Seele sind. „Längst ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Mediengewalt und vor allem Killerspiele verheerende Wirkungen insbesondere auf Kinder und Jugendliche haben. Ebenso ist im Alltag von Eltern, Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern längst unübersehbar, dass Kinder und Jugendliche durch Computerspiele aggressiver, gewalttätiger und abgestumpfter werden. Belegt ist: Je brutaler die Spiele sind und je mehr Zeit die Kinder damit vergeuden, desto schlechter sind die Schulleistungen. Viele Eltern sind verzweifelt, Lehrerinnen und Lehrer haben
mit steigender Brutalität und Schulversagen zu kämpfen.“ Zudem seien Killerspiele aktives Kriegstraining“. Von daher müsse verhindert werden, „dass die Köpfe und Herzen unserer Kinder weiterhin durch Killerspiele mit Krieg und Gewalt vergiftet werden; dass Kinder und Jugendliche zu Tötungsmaschinen auf den virtuellen und realen Schlachtfeldern dieser Welt abgerichtet werden; dass neue Feindbilder geschaffen und Fremdenfeindlichkeit verbreitet wird; dass die
humanen und zum Frieden verpflichtenden Grundlagen unserer Gesellschaft zugrunde gerichtet werden und Krieg zur Normalität wird; dass Menschenrechte, Grundgesetz und Völkerrecht durch Gewaltspiele unterminiert werden.“ Gefordert wurde u.a., dass die Herstellung und Verbreitung von kriegsverherrlichenden und gewaltfördernden Computerspielen für Kinder und Erwachsene verboten werden, denn Krieg ist nicht nur schlecht für Kinder, sondern auch für Erwachsene; dass die Games–Industrie keine staatliche Förderung und politische Unterstützung erhält; dass
Medienbildung über die tatsächliche Wirkung von Gewaltdarstellungen aufklärt und zum Frieden erzieht; dass Politiker, Wissenschaftler und Medienvertreter ihrem Auftrag gerecht werden, dem Frieden zu dienen, wie es Grundgesetz, Menschenrechte und Völkerrecht verlangen – sonst müssen sie abtreten.“ Dieser Aufruf wurde bundesweit breit unterstützt und untererzeichnet. Die Reihe war in Höchstadt ein voller Erfolg, zumal zahlreiche Eltern fachkundige Unterstützumg dahingehend erhielten, ihre Kinder durch eine Absage an diese „Spiele“ zu mehr Schulerfolg und
zwischenmenschlichem Miteinander zu verhelfen. Das Lebenswerk der – mittlerweile verstorbenen –
Gretel Hawel sollte dokumentiert und so für die Nachwelt erhelten werden. In Würdigung ihres
Einsatzes für den Kree gelang es Werner Schramm, die Bedeutung der unermüdlichen Arbeit von Gretel
Hawel durch Erwirkung eines Ausstellungsplatzes im Heimatmuseum zu dokumentieren. Darüber
hinaus wurde das von ihr langjährig erstellte Filmmaterial zur Bearbeitung und Vermarktung von
Kree und Pfefferminztee digitalisiert und von der „Kree–Gretel“ kommentiert. Die Erinnerungen an
Gretel Hawels „Ein Leben für den Kree“ konnten so 2008 als professionel kopierte und bedruckte DVD und Videokassette beim Tourismusbüro Höchstadt käuflich erworben werden. In Anwesenheit von Landrat Irlinger, der auch eine Kopie überreicht bekam, wurde im Filmtheater die digital bearbeitete Super8–Vorlage in Ausschnitten
vorgestellt. Gelobt wurde die unkomplizierte Unterstützung des Projektes durch Sebastian Schmidt
vom Stadtarchiv und Bürgermeister Brehm für die Stadt Höchstadt. Thomas Hawel, der für seine
Mutter kurzfristig einsprang, sagte zu, daß die Filmoriginale dem Stadtarchiv als Dauerleihgabe
übergeben werden. Nebenbei bemerkt: Das Ausgangsmaterial für den Film war 30 Jahre als und
hatte immer noch brilliante Farben – gerade das zeigt die Bedeutung des Erhaltes der Filmkultur
auch in Hinblick auf eine dauerhafte Archivierung.

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Einleitend hob Werner Schramm hervor, daß die Bauernkultur generell eine regionale Bedeutung,
speziell auch eine für den Umweltschutz hat und von daher zum Wohle der Allgemeinheit nicht nur
erhalten sondern wieder ausgebaut werden muß. Gerade der bäuerliche Familienbetrieb könnte –
reelle Preise und einen Marktschutz vorausgesetzt – ohne Subventionen gesunde Nahrungsmittel in
ausreichender Menge liefern. In Verbindung mit Schulpartnerschaften könnte zwischen Erzeuger
und Verbraucher frühzeitig ein persönliches Band auch des Respektes vor der bäuerlichen Arbeit
gelegt werden. Der Kree als Sonderkultur erfordert geradezu eine persönliche Beziehung des
Bauern zum Boden. Insgesamt kann über eine Vermehrung von Wurzelmasse durch eine
Ausweitung der landwirtschaftlichen Tätigkeit verstärkt auch CO2 rückgebunden werden und so
auch Entscheidendes für den Klimaschutz getan werden.
Landrat Irlinger betonte die Bedeutung des Kree als wichtiges Standbein für die Betriebe in der
Region. Er sicherte zu, daß er die Verbreitung des von der „Queen Mum des Kree“, wie sie
Bürgermeister Brehm nannte, meisterhaft kommentierten Films an die Schulen unterstützen wird.
2008 gelang es Werner Schramm das Tourneetheater der bekannten Schauspielerin Ellen Schwiers
mit dem Stück „Sara soll unter die Haube“ nach Höchstadt zu holen. Er hatte sie in ihrem Haus am
Starnberger See für eine Dokumentation interviewt und dabei vom Tourneetheater erfahren.
Im Jahr 2007 hätte der erste frei gewählte Bürgermeister und spätere Flüchtlingskommissar Max
Brehm seinen 100.sten Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlaß erstellte Werner Schramm eine
Dokumentation, die die Entwicklung Höchstadts in der Nachkriegzeit und die Bewältigung der
großen Ströme an Flüchtlingen und Vertriebenen anhand von Zeitzeugen nachzeichnete. Vor der
Kamera wurden Zeitzeugen und Material vom Autor des Filmtheaters zusammengeführt.

Präsentation Ausstellung Max Brehm
Max Brehm mt Adenauer in USA

Strohwerkstätten

Frontberichterstatter Unter dem Thema „Gewissen statt Gehorsam“ referierte der Oberleutnant a.D. und Publizist Jürgen
Rose mit Hilfe von Filmausschnitten über das Massaker von My Lai (Vietnamkrieg) zum
Zusammenhang von Krieg und Medien sowie über die Handlungsspielräume moralischen Handels eines Soldaten. Diese Veranstaltung wurde gemeinsam mit der WAB durchgeführt. Mitgestaltet wurde 2009 das Abschlußfest zum „Jahr des Friedens“ mit der Ausrichtung einer Künstlerperformance „Sagt NEIN zum Krieg – Sagt JA zum Frieden“. Der Künstler Thomas Richter erstellte ein Kunstwerk, das versteigert und der Stadt Höchstadt übergeben wurde. Einen würdigen Platz für das Kunstwerk wurde später in der Kulturfabrik gefunden.
Die Musiker Andreas Hösch und Oliver Dannhauser verbanden während der Performance die verschiedenen textlichen Darlegungen. Werner Schramm, der Initiator, machte in seinen einleitenden Worten deutlich: „Eine Welt ohne Waffen und Krieg ist möglich – wenn wir es wollen
– den Frieden riskieren und dafür aufstehen. … Die Erzwingung ‚freier Märkte’ in Afghanistan und anderswo geschieht gegen den Willen der Mehrheit der dortigen Bevölkerung – wieviele (junge) Menschen sollen dafür noch sinnlos sterben? Weder die Bevölkerung Afghanistans noch die des
Irak will, was mit ihnen getrieben wird.“ Unterstützt wurde die Darbietung von Manfred Diepold von der Deutschen Friedensgesellschaft. Er zitierte aus Berta von Suttner, ihrer Begründerin, u.a.: „Eine ernstere Aufgabe gibt es nicht für uns als diese: brechen wir mit einer Polttik, die nichts
anderes ist als fortgesetzter Krieg.“ Vertreterinnen des Frauengesprächskreises Höchstadt trugen aus Wolfgang Borcherts 1947 verfaßtem Text: „Sag Nein!“ vor: „Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins: Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!“ Max Brehm, erster gewählter Bürgermeister von Höchstadt nach 1945 und Flüchtlingskommissar, schrieb seinerzeit: „Haben wir nicht durch den ersten Weltkrieg
unsere Väter verloren? Standen wir nicht selbst im zweiten Weltkrieg draußen? Sind die furchtbaren Opfer unseres Volkes noch zu gering? Kann unsere Generation nicht endlich Frieden und Lebensglück verlangen? Wer darf nach solchen Erfahrungen das Recht einer Mitgestaltung des Staates verwehren? Die Regierung geht doch vom
Volke aus!“ Carolin Haupt trug die Gedanken eines Grundschülers aus 2003 vor: „Wenn ich die König der Welt wäre, dann dürfte kein Kind hungern, dann würde ich Maschinengewehre abschaffen, dann darf keiner mehr gefoltert werden, dann dürfen keine Bomben mehr gebaut
werden, dann werden alle Soldaten wieder zu normalen Menschen gemacht, dann werden alle Kriegsmaschinen abgeschafft, dann würde ich alle kaputten Häuser wieder aufbauen! Geschlossen wurde mit einem Auszug einer Rede von Papst Paul II.: „Der Friede und das Völkerrecht sind eng
miteinander verbunden: das Recht begünstigt den Frieden.“ Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung möchte weder Kampfeinsätze noch Krieg und die Zuschauer der Performance signalisierten breite Zustimmung. Denn: Tatsache bleibt, daß die sogenannten „friedenserzwingenden Maßnahmen“ des Westens etwa im Irak (eine Million Tote, vier Millionen Flüchtlinge!) und in Afghanistan in den betroffenen Ländern nur Unterdrückung, Hunger,
Zerstörung, radioaktive Verseuchung, verminte Felder und unermeßliches Leid hinterlassen haben. Wie lange wollen wir das noch dulden?
2009 lud das Aischtaler Filmtheater zum Bürgergespräch ein: „Fachärzte schlagen Alarm Bedrohung des sozialen Friedens – Niedergelassene Facharztpraxen vor dem Aus?“ Gezeigt wurden Filmausschnitte zur Zukunft unseres Gesundheitswesens und zum privaten amerikanischen
Gesundheitssystem, das auch in Höchstadt von einigen Mitbürgern offensiv vertreten wird. Die anwesenden Fachärzte nahmen jeweils dazu Stellung. Hintergrund war, daß seit dem 1. Januar 2009 eine erneute Gesundheitsreform eingeführt wurde. Diese führe nun nachweislich durch eine
Vergütung in Euro und nicht in der ehemaligen „Muschelwährung“ („Punkte“ ohne Bezug zum Euro Wert) „zum Ruin der Fach– und auch Hausärzte“, so ein Orthopäde. Die Unzufriedenheit der bayerischen Ärzte mit der berufspolitischen und der Honorarsituation war weiter zunehmend.
Außerdem wurde seit längerem durch tendenziöse Medienberichte Stimmung gegen Fachärzte gemacht. Sind am Ende Patienten gegen Ärzte ausgespielt und ist unsere weitgehend flächendeckende, gute fachärztliche Versorgung erst einmal ruiniert, könnte es vor allem für sozial
schwächere Patienten ein böses Erwachen geben! Die fachärztliche Patientenversorgung etwa von Orthopäden beträgt gegenwärtig für Kassenpatienten 29,28 Euro pro Quartal – unabhängig von der Anzahl der Besuche. Die damals angesprochenen Verschärfungen haben sich offensichtlich bewahrheitet: Entlassung von langjährigen Mitarbeitern in den Praxen, drastische Leistungseinschränkungen mit Qualitätseinbußen und erheblichen Wartezeiten für Patienten waren zu erwarten. Was bringen medizinische Versorgungszentren, was eine Orientierung in der Politik
am amerikanischen Gesundheitssystem? Die ktuelle Propagandamaschine für eine andere Form der Zwei–Klassenmedizin – kaschiert als „Bürgerversicherung“ – läuft auf Hochtouren. Man blicke nach England! Wer eine individuelle ärztliche Versorgung möchte, muß eine private
Zusatzversicherung abschließen. „Völkerverständigung durch Städtepartnerschaften“ Das Filmtheater unterstützte sowohl mit selbstgedrehten Dokumentationen als auch der Organisation von Filmabenden die Städtpartnerschaften zu Krasnogorsk, Wladimir, Castlebar,
Kranichfeld und Jena. In Zusammenarbeit mit Leonhard Hirl (WAB Kosbach) erstellte Werner Schramm anläßlich einer Einladung des Partnerschaftsbeauftragten im Erlanger Rathaus, Peter Steger, bei den Barmherzigen Brüdern Gremsdorf eine Interviewdokumentation mit
Gesprächpartnern speziell zu Jena und Wladimir, aber auch zu generellen Fragen etwa der Zusammenarbeit des Roten Kreuzes in Rußland.
2010 organisierte das Filmtheater in den Räumen der Kreissparkasse Höchstadt eine Ausstellung zu den „Kinderzügen in die Schweiz“ nach dem 2. Weltkrieg. Über Presseartikel hatten sich eine Reihe von Zeitzeugen gemeldet, die in kurzen Statements die Zeit von damals aufleben ließen. Sowohl
Landrat Irlinger als auch Jürgen Üblacker (langjähriger Geschäftsführer beim Kreisverband Erlangen–Höchstadt im Bayerischen Roten Kreuz, BRK) hielten bewegende Beiträge. Mit einigen der anwesenden Zeitzeugen drehte Werner Schramm eine bewegende Dokumentation über ihre
Erlebnisse als Kinder in der Schweiz. Teile der Ausstellung wurden im BRK–Alten– und Pflegeheim Etzelskirchen (Höchstadt/Aisch) gezeigt und durch die Teilnahme einiger Zeitzeugen gelang eine bewegende Veranstaltung. Die Bedeutung der Kinderzüge in die Schweiz wird deutlich,
wenn wir uns folgendes klarmachen: Hand auf s Herz, würden sie jemandem helfen, der sie bis vor kurzem noch bedroht hat? Würden sie sich liebevoll um seine Kinder kümmern, alle Kosten für sie übernehmen und sie dabei nie spüren lassen, dass sie Fremde sind? Nun, viele Schweizer haben
genau das getan. „Alle Menschen sind Brüder! “ – diesen Leitspruch von Rot Kreuz Gründer Henry Dunant, haben sie gelebt und umgesetzt. Für fast 44 000 deutsche Kinder waren sie für drei Monate nach dem 2. Weltkrieg Retter in der Not. Der Dank? Wie heute abwertend über die Schweiz
gsprochen wird ist erbärmlich. Zeitzeugen im Alten– und Pflegeheim Etzelskirchen, die noch heute voller liebvoller Erinnerungen
und großer Dankbarkeit von ihren Erlebnissen in der Schweiz berichten, waren Christoph Tietze (Ochsenfurt, Franken) und Marita Weber (Ebermannstadt, Franken). Sie begleiteten die Ausstellung zum humanitären Engagement der Schweiz „Kinderzüge in die Schweiz 1945–1956“ und erzählten den Heimbewohnern und Gästen gerne von ihrer Erfahrungen mit ihren Pflegeeltern. Dabei waren sie sich einig; daß diese Zeit in der Schweiz ein großartiges Geschenk war, oder wie Christoph Tietze es nannte: „Einfach ein Traum!“ Sowohl der damalige Heimleiter Jürgen Ganzmann als auch der damalige Kreisgeschäftsführer des BRK, Jürgen Üblacker, waren natürlich auch stolz, daß „ihr“ Rotes Kreuz hier entscheidend mitgeholfen hatte, die Kinderzüge zu organisieren und den Transfer von Deutschland in die Schweiz zu finanzieren. Die 78–jährige Heimbewohnerin Annemarie Böhringer hat zwar nicht als Pflegekind in der Schweiz gelebt, arbeitet aber mit 20 Jahren in Zürich drei Jahre lang als Haushälterin und konnte nur bestätigen, dass die Schweizer außerordentlich nette und zuvorkommende Menschen sind, die sie immer als eine der ihren aufgenommen hat. Begeistert hörte sie zu, als Christoph Tietze und Marita Weber von ihrem Aufenthalt in der Schweiz erzählen. Beide hatten als Kinder die Schrecken der Vertreibung und die gefährliche Flucht überlebt. Christoph Tietze und sein Zwillingsbruder Wolfram waren die jüngsten von fünf Kindern gewesen und waren nach ihrer langen und beschwerlichen Flucht so dünn, dass die Bäuerin, wo die Familie untergekommen war, heulen musste, als sie die Mutter beim Waschen der Kinder gesehen hat. Schnell brachte sie Brot, Butter und Kartoffeln. Die Schulärztin schickte beide Brüder dann in die Schweiz. Dort kommen sie zu Familie Hüni, ein kinderloses Ehepaar, die sich rührend um die Beiden kümmerte. Es waren nicht die ersten Kinder, die dieses Paar aufgenommen hatte, sondern Nummer fünf und sechs. In einem kleiner Haus konnten sich die beiden Buben von den Kriegsstrapazen erholen, oder wie Herr Tietze es ausdrückte: „Etwas besseres hätte uns nicht passieren können!“ Die Tante und der Onkel Hüni wurden für beide Kinder bald zur Ersatzfamilie, die nicht nur für die körperliche Verpflegung aufkam, sondern auch Ausflüge mit den Beiden unternahm und sie so all die schrecklichen Kriegserlebnisse vergessen ließen. Der Kontakt zwischen diesen vier Menschen brach nie ab, solange sie lebten. Und bald will Christoph Tietze die Kinder der Hüni s besuchen, die diese 15 Jahre später doch noch bekamen, und ihnen von ihren großzügigen Eltern aus seiner Sicht erzählen. Der Kontakt zwischen Marita Weber und ihren Pflegeltern ist leider in den Wirren der Nachkriegszeit abgebrochen, aber als sie anfängt von ihrer Zeit dort zu erzählen, spüren alle Besucher der Ausstellung, dass es wunderschöne Tage für das kleine Mädchen Marita gewesen sein müssen. In einem kleinen Dorf auf dem Lande hatte sie das Glück zu einer Bauernfamilie zu kommen, die viele Tiere und vor allem Pferde hatten, auf denen sie täglich reiten dürfte. Sie beschreibt die Schweizer mit drei Worten: „Freundlich, frei und offen!“ Die Heimbewohner von
Etzelskirchen hörten dem Vortrag aufmerksam zu und fühlten sich oftmals erinnert an ihre eigene Jugend, die geprägt war von Schrecken und Entbehrungen der Kriegsjahre. „Mit unseren Ausstellungen und Veranstaltungen wollen wir die Vergangenheit unserer Heimbewohner würdigen und nicht in Vergessenheit geraten lassen“, so Heimleiter Jürgen Ganzmann. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz setzt sich seit 1945 auch für die
Abschaffung von Atomwaffen ein. „Auf tragische Weise wird uns bei den aktuellen Ereignissen in Japan wieder bewusst, wie bedrohlich diese sind“, so BRK–Kreisvorsitzender ERH (Franken) Jürgen Üblacker. Die Schlacht von “Solferino” (gleichnamiges Buch), Anlaß für Henri Dunant zur Gründung des Roten Kreuzes, ging in die Geschichte ein. Aus aktuellen Anlaß würdigte das Filmtheater in Zusammenarbeit mit Landrat Irlinger, der
Stadtbücherei Höchstadt, dem Karl May–Verlag Bamberg sowie der KSK Höchstadt Karl Mays Beitrag zur Völkerverständigung. Gezeigt wurde im Filmtheater mit Unterstützung des Landratamtes der deutsche Klassiker „Die Sklavenkarawane“. Landrat Irlinger hielt aus dem Roman eine Lesung. Parallel dazu fand in der Kreisparkasse Höchstadt mit Unterstützundg des Karl May Verlages Bamberg eineAusstellung zu Leben und Werk Karls Mays statt. In Washington wurde 2004 ein Museum über Geschichte und Leben der Indianer eröffnet. Kritiker beklagen, daß Mord und Verdrängung indianischer Stämme und Kulturen durch weiße Siedler und die US–Armee im 18. und 19. Jahrhundert im Museum nicht ausreichend Erwähnung finden. Auch wenn W. Richard West, der Direktor des neuen Museums, Cheyenne–Indianer zu seinen Vorfahren ählt, wird den Museums–Verantwortlichen vorgeworfen, den Genozid im eigenen Land zu verstecken, während ein paar Häuser weiter dem Holocaust in Europa gedacht werde.(1) Allerdings kam mit der Einrichtung des Museums in der indianischen Bevölkerung auch „die Hoffnung auf, daß sich auch in der breiten Bevölkerung Amerikas die Erkenntnis durchsetzt, daß nicht die aus England ausgewanderten Pilgerväter der Mayflower die ersten Amerikaner waren.“
Es kann an dieser Stelle nicht auf das gesamte Ausmaß des Verbrechens von Landraub und millionenfachem Völkermord an der indianischen Urbevölkerung eingegangen werden, der in zahllosen geschichtsverfälschenden „Western“ gerechtfertigt undd buchstäblich „zelebriert“ wurde.
Dieser Völkermord zeigte die gleichen Abläufe und völkerrechtswidrigen Rechtfertigungen wie die der Kriege um Rohstoffe und Handelswege heute.
1887 verabschiedete der Kongreß den Allotment Act, um die Struktur der Stämme und Häuptlinge zu vernichten. Mit diesem Verlust der Stammeshoheit sollte zugleich die Kultur der Indianer ausgelöscht werden. Die zwangsweise Einfügung von Kindern in Indianer–Internate diente dem
hochmütigen Zweck: „Töte den Indianer in ihm und rette den Menschen.“ In den Internaten wurde die Kleidung der Kinder durch Uniformen und viktorianische Gewänder ersetzt und ihre langen Haare wurden ihnen abgeschnitten; zudem wurde ihnen befohlen, ihre Stammessprache nicht mehr
zu sprechen. Eltern, die den Anweisungen der Regierungsbeamten nicht gehorchten und ihre Kinder nicht herausgeben wollten, wurden Rationen und Vorräte vorenthalten.
In Deutschland trat der Romanautor Karl May dem Rassenhochmut, der grenzenlosen Profitgier und Zerstörung der Lebensgrundlagen ganzer Völker entgegen. Seine Gedanken gegen Krieg und Rassismus sind nach wie vor hochaktuell. Karl May war in der Jugend vieler Zeitgenossen ein
vielgelesener Schriftsteller, seine Werke wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt und die Karl–May–Festpiele sind nach wie vor Publikumsmagneten. Weniger bekannt dürfte sein, daß sich May in all seinen Schriften für den Völkerfrieden eingesetzt hat und eigentlich sollte wieder vermehrt an
die Schriften des Pazifisten und bekennenden Christen Karl May erinnert werden: „Nenne man nicht den Indianer einen Wilden. Er ist dasselbe Ebenbild Gottes, wie der Weiße, der sich doch unendlich höher dünkt.“ (Waldröschen, Dresden 1882–1884, S. 1105.) „Der Christ, der wahre
Christ, muß unbedingt die Politik verdammen, welche eine ganze Nation dadurch zum Untergang zu bringen trachtet, daß sie die einzelnen Stämme gegeneinander aufhetzt und unter Waffen bringt.“ (Ebenda, S. 1570.) „Alle Menschen, die weißen und die schwarzen, sind Gottes Kinder.“ (Die
Sklavenkarawane, zitiert nach der Buchausgabe Stuttgart 1893, S. 206.) „Unsre Religion gebietet uns, zu lieben anstatt zu hassen und selbst unseren Feinden Gutes zu erweisen.“ (Ebenda, S. 340.) Allerdings war es in der wilhelminischen Zeit des Deutschen Reiches nicht ganz ungefährlich, ein
Kriegsgegner zu sein. Karl May hatte dazu das Rückrat und wandte sich offen gegen den Militarismus. In der Öffentlichkeit wurde hingegen Tapferkeit als die Tugend schlechthin verherrlicht: „Der schönste Tod ist der Soldatentod!“ galt als weitverbreitete Auffassung und bedingungsloses Eintreten für das Vaterland war verpflichtend. Wer den grausamen Tod auf dem Schlachtfeld erlitt, galt als Held, seine Verweigerung als feige und als Verrat. Wenn wir bedenken, daß Frankreich von Deutschland bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als erbitterter Erbfeind betrachtet wurde, war die Überwindung der Heiratsvorschriften zumindst im Roman revolutionär: Deutscher heiratet Französin, Franzose heiratet Deutsche! Mays grundsätzlicher Standpunkt bestand darin: „Das Völkerrecht ist nicht dazu da, den Menschen die Erlaubniß zu geben, in jedem anderen Lande Thaten zu begehen, welche in ihrer Heimath bestraft werden.” (Deutsche Herzen, deutsche Helden, Dresden 1885–1888, S. 1913) Karl May war ein Weggenosse Bertha von Suttners (5) (1843 – 1914), der Begründerin der Friedensforschung bzw. –bewegung. Er hatte mit ihr einen regen brieflichen Gedankenaustausch.Suttners Publikationen trugen dazu bei, daß es zur ersten Haager Friedenskonferenz kam und ebenfalls erstmalig der Versuch unternommen wurde, Weltkonflikte auf übernationaler Ebene zu regeln. In ihrer Gedenkrede zum Tode Karl Mays 1912 hob Bertha von Suttner hervor, daß auch
May zu den Pionieren der Weltfriedensbewegung gehörte. Er selbst geißelte immer wieder die Verklärung des Heldentodes und des vorgeblich gerechten Krieges: „Wehe und tausendmal wehe dem Volke, welches das Blut und das Leben von Hunderttausenden vergießt, um anderthalb Schock Ritter des eisernen Kreuzes dekorieren zu können! Wir brauchen Männer des Geistes, Männer des Wissens und der Kunst. Die wachsen aber nicht bei Wagram (6) oder Waterloo!“ (Karl May an den Maler und Freund Sascha Schneider 1906).(7) Die Landnahme und der millionenfache Völkermord an der indianischen Bevölkerung in den USA war für Karl May mehr als schrecklich, obwohl beides bis heute im „Gründungsmythos“ der USA
tabuisiert wird. Karl May sah darin ein grundsätzliches Übel. Die Stimme gegen den Krieg, Vertreibung und Landraub als „Normalität“ erhoben zu haben, macht Karl May bis heute zu einem couragierten Vorbild: „Wie man den Krieg führt, das weiß jedermann; wie man den Frieden führt, das weiß kein Mensch. Ihr habt stehende Heere für den Krieg, die jährlich viele Milliarden kosten. Wo habt ihr eure stehenden Heere für den Frieden, die keinen einzigen Para kosten, sondern Millionen einbringen würden?“ (Ardistan und Dschinnistan I, Freiburg 1909, S. 17). Vgl. hierzu Karl Mays bedeutendes
Werk: „Und Frieden auf Erden!“ Der Karl–May–Verlag in Bamberg bietet auch umfangreiches Dokumentations– und Ausstellungsmaterial an, wobei insbesondere das hervorragend bebilderte Nachschlagewerk von Lothar und Bernhard Schmid „Karl May und seine Zeit“ zu nennen ist. Von
den vielen Verfilmungen sind insbesondere „Der Schatz im Silbersee“ und „Die Sklavenkarawane“ zu nennen, die sich nach Verlagsauskunft eng an die Romanvorlagen gehalten haben. Die Romane „Im Land des Mahdi“ und „Die Sklavenkarawane“ sind auch heute noch unter dem Aspekt des
Einsatzes von Kindersoldaten bedeutsam.

Fiederling KSK HÖS, BM Brehm, LR Irlinge5r, Schmid Karl-May-Verlag BA, WS

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HANSOTTO HATZIG

Bertha von Suttner und Karl May



»Frau Baronin Bertha von Suttner, die bekannte Verfasserin des Werkes “Die Waffen nieder” und Vertreterin der Friedensbewegung weilte heute in Radebeul und stattete der Witwe des Schriftstellers Karl May einen Besuch ab. Karl May ließ sich bekanntlich die Förderung der Ziele der Baronin von Suttner angelegen sein.«

So lautete eine Meldung des Radebeuler Tageblatts vom 13. 2. 1913. Klara May vermerkte in ihrem Tagebuch mit Datum vom 12. 2. 1913: »Bertha von Suttner hier. Schöne Stunden. Sie spricht in höchster Verehrung von Karl Mays Wirken, sie sei nichts gegen ihn.« In diesem Zusammenhang ist auch ihr Satz überliefert: »Wenn ich nur eines dieser Werke hätte gestalten können, dann hätte ich mehr erreicht!« (1)

Damit kennzeichnete diese kluge Frau, deren Verdienste auf einem ganz anderen Gebiet liegen, ihre Stellung in der Literaturgeschichte so genau, daß ihr nicht widersprochen werden kann. Gleichwohl zählt sie zu den bedeutendsten Frauen unseres Jahrhunderts. Wäre sie auch noch Dichterin gewesen, hätte sie vielleicht wirklich »mehr erreicht«. Nicht, daß sie dann den »Lauf der Welt« hätte ändern können, aber ihr »Standort« wäre heute ein anderer. Man hätte sich mehr mit ihr beschäftigt und sie nicht – bei aller Bewunderung – auf einem fernen Piedestal stehen lassen. Es hat ihr nicht an Sprachgewalt gefehlt; Wortbildungen wie »Edelmensch« – »Schach der Qual« – »Herbstlaubwelt« – »Vernichtungsmaschinisten« – »Federgaleerensträfling« – »Zeittötungstrieb« – »Einzelhaftsgefühl« – »Polarnacht der Barbarei« sind nur einige ihrer ganz eigenen Prägungen (2). Doch nicht als Schriftstellerin ist sie in die Geschichte eingegangen, sondern – ehrwürdig heute wie damals – als die ideelle Begründerin der Friedensforschung.

Nur wenige Zeitgenossen haben »die Suttner« so ernst genommen und geachtet, wie sie es verdiente. Als »Friedensfurie«, »Friedensbertha« oder auch als »Judenbertha« geisterte sie durch die Witzblätter, und das war auch etwa die einzige Erinnerung, die man ihr über drei Jahrzehnte in einem Staat bewahrte, in dem schon im Jahre 1889 ein Verleger das Werk »Die Waffen nieder!« mit den Worten zurückwies: »Es ist ganz unmöglich, in einem modernen Militärstaat dergleichen zu veröffentlichen.« (3) Das Buch hat jedoch schließlich Geschichte gemacht wie vielleicht nur noch das Werk einer anderen Frau: »Onkel Toms Hütte« von Harriet Beecher-Stowe. Der ungewöhnliche Aufruf hat nachweislich mit dazu beigetragen, daß es zur ersten Haager Friedenskonferenz kam, dem ersten Versuch überhaupt, europäische, ja Weltkonflikte auf übernationaler Ebene zu regeln. Vor solchen Erscheinungen muß der Literaturkritiker zurücktreten und – wie schon A. H. Fried vermerkte – das Urteil von einer »höheren Warte« gefällt werden: »Der Kulturhistoriker hat darüber zu entscheiden, und er wird nicht umhin können zu sagen, daß dieses Buch – möge es sogar ein schlechter Roman sein – eine Tat bedeutet, eine Tat, von der die Geschichte sprechen wird.« (4)

Wenn in unseren Tagen ein wichtiger Sammelband zur Friedensforschung mit den Worten beginnt: »Friedensforschung wird seit spätestens dem Ende des zweiten Weltkrieges betrieben« (5), so hätte der Verfasser ruhig hinzufügen dürfen: »Begründet wurde die Friedensforschung von Bertha von Suttner.« Es ist bereits versucht wurden, der Suttner in dieser Weise gerecht zu werden. 1965 wurden ihre Memoiren neu veröffentlicht (6), fanden jedoch kein breiteres Publikum mehr; sie wanderten bald ins modeme Antiquariat. Bezeichnenderweise ist das Hauptwerk »Die Waffen nieder!« nach dem Zweiten Weltkrieg überhaupt nicht vollständig nachgedruckt worden. Mit den »Memoiren«, den »Waffen« und einer Zusammenstellung aller Reden, Vorträge, Briefe und Gespräche besäßen die Friedensforscher eine interessante Historie »von den Anfängen«; denn die heutige Friedensforschung dürfte in keinem Bereich tätig sein, von dem Bertha von Suttner nicht irgendwann einmal gesprochen hätte. Prof. Linus Pauling und Frau haben das in ihrem Geleitwort zu den Memoiren schon angedeutet: »Aus ihrem Studium der Lehre von der Entwicklung der Arten schloß sie, daß sich nun ein neuer Standard menschlicher Verhaltensweisen bilde, daß sich allmählich eine moralische Weltauffassung entwickele, die im Lauf der Zeit in einem Gefühl der Zusammengehörigkeit und Zusammenarbeit der Nationen ihren Ausdruck finden werde.«

Politische Wissenschaft (Konfliktverhalten), Wirtschaftswissenschaft, Soziologie und Psychologie (Vorurteilsforschung) standen – wenn auch oft nur in Ansätzen – auf dem Programm der Suttner. Ihre Forderungen waren: Kampf gegen Intoleranz (Antisemitismus), Kenntnis der Gesetze, »nach denen wirtschaftliches und soziales Leben verläuft«, der Gesetze, »die Natur und Welt regieren«, Bewältigung der sozialen Frage, der alle »Schichten, die über dem Proletariat liegen«, Unverständnis entgegenbringen, Bewältigung des »Anpassungsprozesses« an neue Lebensbedingungen, die »Eroberung der verborgenen Schöpferkräfte des Erdreichs«. Diese Stichworte, allein aus ihrem letzten Werk »Der Menschheit Hochgedanken«, münden in den Aufruf: »Mitzudenken sind wir da!« (7)

Diese erstaunliche Frau, die erst mit 46 Jahren ihren Kampf gegen den Krieg begann, »wurde durch ihr eigenes Werk beeinflußt«. Die Friedensbewegung bestand bereits in England und in einigen anderen Ländern, als sie zu ihrer Agitatorin wurde, alsbald aber »identifizierte man sie mit ihr« (8). Sie war auf ihre Aufgabe gut vorbereitet. Einige mit Sozialphilosophie befrachtete Werke – »Inventarium einer Seele« (noch während ihres 10jährigen Aufenthalts im Kaukasus entstanden) und »Das Maschinenzeitalter« – waren den »Waffen« vorausgegangen. Eine umfassende Bildung war die Grundlage für ihr späteres Denken und Handeln: Sprachen, Musikerziehung und Lektüre; bezeichnenderweise bevorzugte sie in ihrer Jugend Victor Hugo, Schiller, »Onkel Toms Hütte« und immer wieder wissenschaftliche Werke. Später nannte sie als wichtige Lektüre ihrer jungen Heldin in den »Hochgedanken« den Wissenschaftler Bölsche und den Idealisten Krapotkin.

Schon 1906 in ihrer Rede vor dem Nobel-Komitee des Storthing zu Christiana legte sie deutlich klar, daß sie aller utopistischen Friedensrederei abgeneigt und bemüht sei, alle Wissenschaften zu Hilfe zu nehmen, um ihr Ziel zu verwirklichen: »Daß die Welt sich ewig wandelt und entwickelt, ist noch eine gering verbreitete Erkenntnis, denn auch die Entdeckung des Evolutionsgesetzes, unter dessen Herrschaft alles Leben – das geologische wie das soziale – steht, gehört einer jungen Periode der Wissenschaftsentwicklung an.« Oder: »Eine jener Wahrheiten ist die, daß Frieden die Grundlage und das Endziel des Glückes ist, und eines jener Rechte ist das Recht auf das eigene Leben. Der stärkste aller Triebe, der Selbsterhaltungstrieb, ist gleichsam eine Legitimation dieses Rechtes, und seine Anerkennung ist durch ein uraltes Gebot geheiligt, welches heißt: “Du sollst nicht töten!” «

Unermüdlich war die Suttner bemüht, Verbindungen zu Gesinnungsgenossen in der Kunst und Literatur der Zeit zu knüpfen. Sie korrespondierte mit Björnson, Daudet, Fulda, Heyse, Liliencron, C. F. Meyer, Rosegger, Sienkiewicz, Tolstoi und Zola. Sie suchte den russischen Maler Wassili Wereschtschagin auf, der die Schrecken des Krieges auf die Leinwand bannte, bis er selbst durch den Krieg umkam. Ihrer Aufmerksamkeit entging beispielsweise auch nicht Carl Hauptmanns Tedeum »Krieg«, das sie als Friedensstück begrüßte (9). So hätte sie wohl auch Karl May gefunden, wenn dieser nicht selbst an sie herangetreten wäre, nachdem er 1905 ihren Vortrag in Dresden besucht hatte:

Villa Shatterhandd. 17ten October 1905.

Radebeul-Dresden

Hochgeehrte Frau Baronin!

Am Sonntag Abend war ich einer Ihrer Hörer. Die ersten beiden Billets, welche erworben wurden, holte sich meine Frau, eine Ihrer aufrichtigsten Verehrerinnen. Wir saßen auf der ersten Reihe, Ihnen grad vis-à-vis. Denn wir wollten Ihnen so nahe wie möglich sein; wir hatten Sie noch nie gesehen, obgleich wir Ihr großes, segensreiches Wirken und auch alle Ihre Bücher kennen. Wir freuten uns unendlich über die Gelegenheit, Ihre weithin schallende, gewichtige Stimme, die uns bisher nur schriftlich erklungen war, nun auch in Wirklichkeit zu hören. Und wir hörten sie, bis zur tiefsten Erschütterung. Meine Frau, die Gute, weinte, und auch ich wehrte mich der Thränen nicht, als Sie sagten, daß Christus wohl noch nirgends an einer besseren Stelle gestanden habe.

Warum ich Ihnen das sage, ich, der dreiundsechzig lahre alte Mann, dessen Zeit so sehr durch die Zuschriften seiner Leser gekürzt wird und der also wissen muß, wie kostbar Ihnen auch die Ihre ist? Weil Sie uns Hörer aufforderten, in Ihrem Sinne thätig zu sein, und weil ich in der Lage bin, Ihnen sagen zu können, daß wir, die Schüler, schon längst an diesem Wunsche unserer Meisterin eine Quelle ausdauernder Begeisterung besessen haben.

Ich muthe Ihnen, verehrteste Fran Baronin, nicht zu, das Beweisstück, welches ich Ihnen zu senden wage, zu lesen, doch bitte ich, gütigst nur einen kurzen Blick auf die beiden Strophen 644 und 646 (10) zu werfen, dann darf ich offenbaren, daß Ihre Seele alle meine Bücher belebt, auch das hier vorliegende. Wir, die wir uns von dieser Seele leiten lassen, scheuen weder Haß noch Hohn. Wir gehen ruhig des Weges, den Sie uns führen. Schon sehen wir das Ziel; wir werden es erreichen. Gott segne Sie!

In dankbarer Verehrung!

                                                   Karl May

Bertha von Suttner antwortete umgehend:

Danzig (4te Station meiner 23 Städte umfassenden Tournee), 22.10. 05

Hochgeehrter Herr

Mit Ihrem Briefe und Ihrem Buche haben Sie mir eine wahrhaft große Freude bereitet.

Gerührt drücke ich Ihnen und Ihrer Lebensgefährtin die Hand für die Tränen die Ihnen ins Auge getreten sind.

Tun Sie mir den Gefallen und lassen Sie sich von Pierson das kleine Büchelchen, »Es Löwos« (11) kommen – ich glaube Sie beide werden es gern lesen.

Meine ständige Adresse, von der mir alles nachgeschickt wird, ist Wien Zedlitzgasse 7.

                                  Mit Herzensgruß

                                      Bertha v. Suttner

Mays Brief spricht von tiefster Erschütterung. »Was sie sagte, ging mir sehr zu Herzen«, vermerkte auch Klara May am 15. 10. 1905 in ihrem Tagebuch. Dabei war die Suttner nicht einmal eine gute Rednerin: »Sie scheint nach Worten zu suchen. Und dann spricht sie leise, ganz leise, und langsam, die einzelnen Wörter durch Pausen voneinander trennend. Niemals bewegt sie eine Hand; niemals eine Geste. Wo sie die Rede unterstreichen will, tut sie es durch den Ton, durch ein scharfes Zurückwerfen des Kopfes. Das Ganze erweckt den Eindruck von Hoheit.« Die Zuhörer »merken dabei gar nicht, daß sie eine schlechte Rednerin ist. Sie merken gar nicht, daß sie zu leise, zu langsam spricht; zu müde – viel zu müde und zu schmerzerfüllt.« Aber ihre Persönlichkeit war so stark, daß alle Hörer von ihr gefesselt waren. Vom Friedenskongreß in Hamburg im Jahre 1897 berichtet Fried: »Ein sonderbares Publikum. Damen in höchster Eleganz, die im Vorsaal von livrierten Dienern erwartet wurden, und neben ihnen Arbeiter ohne Hemdkragen und einfache Frauen aus dem Volke ohne Kopfbedeckung.« (12)

Die Begegnung mit dieser Frau konzentrierte und präzisierte das Friedensdenken Karl Mays ganz entschieden. Da er die Schriften der Suttner kannte – vor allem »Die Waffen nieder!« (»Edelleute braucht die Zukunft keine … desto mehr Edelmenschen.« Oder: »Aus der Art, wie er von den Grausamkeiten sprach, deren Zeuge er im Kriegsgetümmel gewesen war, hörte ich die Verheißung der Edelmenschlichkeit heraus, welche berufen ist, erst bei einzelnen, später bei vielen, endlich bei allen die Barbarei zu überwinden.«) – dürfte er den Begriff des »Edelmenschen« von ihr übernommen haben. Es gibt noch andere Zusammenhänge, bedeutende und weniger bedeutende: So finden zum Beispiel Mays rätselhafte Worte zu Beginn von »Babel und Bibel«

                  Und aus der Wüste schrillt um Mitternacht
                  Das »rote Lachen« des Sansum herüber

durch Bertha von Suttner Aufklärung (13). Sie hatte ein Jahr zuvor ein Vorwort zu dem Buch »Das rote Lachen« geschrieben, einem der ersten Werke des revolutionären Schriftstellers Leonid Andrejew (1871 – 1919), der Dostojewski nachfolgte, Tolstoi verehrte und mit Gorki befreundet war, sich jedoch später dem Symbolismus zuwandte. Im »roten Lachen« hatte er die Schrecken des russisch-japanischen Krieges beschworen (14).

»Babel und Bibel« sandte Karl May gleich nach Erscheinen an Bertha von Suttner, die ihm kurz darauf antwortete. Ob sie sich später noch eingehender dazu geäußert hat, ist leider nicht überliefert.

Wien, 12./9.1906     

Tausend Dank, geehrter Gesinnungsgenosse, für die Übersendung Ihrer Dichtung. auf die ich sehr gespannt bin.

Mit Freuden sehe ich, daß der Drang nach friedlicher Weltordnung immer mehr und mehr der besten Geister erfüllt.

Seien Sie mir von ganzem Herzen gegrüßt

                                        Ihre ergebene Bertha v. Suttner

Ich fahre jetzt zum Congreß nach Mailand.

»Wo sich Ideen begegnen«, schrieb die Suttner, »muß ja auch eine übereinstimmende Ausdrucksweise entstehen«. So ist denn nicht zu verwundern, daß sich in ihrem Roman »Die Tiefinnersten« (1892) eine Mahnung findet, die in Ton und Inhalt geradezu ein Pendant zu Mays bekanntem »Merkzettel am Fenster« darstellt: »Nur nichts Mystisches, Vages, Verschrobenes – nur Einfachheit, Natürlichkeit, Klarheit! Hütet euch vor Überspannung und ebenso vor Pedanterie; hütet euch vor den Salbadernden, augenverdrehenden Schwärmern, vor den Tiefinnersten …« (15)

Die Suttner hat aber nicht nur Mays Friedensgedanken beeinflußt. Auch seine Gestalten wurden durch ihr Erscheinen bereichert. Unter seinen Frauengestalten gab es jetzt einen neuen Typus, der allerdings in der Seelensehnsucht Hannehs und im Bildungsdrang Nscho-tschis vorgebildet war: die Frau, die dem Mann völlig gleichberechtigt gegenübersteht und sich vor allem durch Bildung und Klugheit auszeichnet. Hier sind, wie schon an anderer Stelle angedeutet (16), vor allem Taldscha und Aschta, die Ältere, zu nennen. Besonders bei Aschta lassen sich unschwer Züge Bertha von Suttners wiederfinden. Auffallend ist auch die äußere Parallele, daß Aschta mit ihrem Mann fern von der Heimat sehr glücklich lebt. Nach der Rückkehr wird dann ersichtlich, daß sie sich während dieser Zeit auf ihr Wirken für den Frieden vorbereitet hat: »So sag ihm (Tatellah-Satah), daß Aschta, das Weib Wakons und zugleich die Tochter des größten Medizinmannes der Seneca, im Kampfe gegen den Unverstand mit allen Frauen der roten Rasse an seiner Seite steht.« Dazu gibt das »Herzle« noch die Charakteristik: »Sie ist ein Charakter, eine groß angelegte Frau. Kein einziges von all den Komiteemitgliedern reicht geistig an sie heran. Die ist wahrlich nicht nach dem Mount Winnetou unterwegs, um dort Suffragettenreden zu halten!« (17)

Als der Tag seines Wiener Vortrags herankam, erhielt Karl May von Bertha von Suttner folgenden Brief:

Wien Zedlitzgasse Nr. 7, 13./3. 1912

Hochgeehrter Herr

Ich freue mich lebhaft, Sie am 22 d. in Wien sprechen zu hören. Daß Sie mein Gesinnungsgenosse in Friedenssachen und anderen Fragen sind, das weiß ich ja: »empor!« ist unser beider Devise. Gleichzeitig schicke ich Ihnen mein letzes Buch »Der Menschheit Hochgedanken« worin Sie Anklänge an dieses »Empor« finden werden.

Ich wäre Ihnen sehr dankhar, wenn Sie in Ihrem Vortrag auf das Buch hinweisen wollten.

Ich mache aufmerksam auf
S. 150 die ganze Ansprache bis S. 152
S. 294 »Ja, Güte…
S. 418 das Schlußkapitel

Nicht wahr, wir Geistesarbeiter, die wir die Leiter halten, auf der die Menschheit »die E d e l menschheit« emporsteigen soll, müssen einander behilflich sein.

                          Auf Wiedersehen also im Sofiensaal

                                    Ihre B. Suttner

Dem »Neuen Wiener Tagblatt« schickte sie auf die bekannte Umfrage (18) hin die folgenden Zeilen:

Wien Zedlitzgasse 7 15./3. 1912

So viel ich weiß, war der gegen Karl May geführte Prozeß ein Gemenge von Verleumdungen und Haarspaltereien. und der Ausgang des Prozesses hat auch den zu unrecht Angegriffenen vollständig rehabilitiert.

Was den literarischen Wert der May’schen Arbeiten betrifft, so nimmt ein Autor, der eine ganze Jugendgeneration durch seine spannenden phantasiereichen Erzählungen zu fesseln verstand, jedenfalls einen achtunggebietenden Rang ein, und der erhobene Vorwurf, daß Karl May Länder beschrieben hat, die er niemals gesehen, so kann man darauf erwidern, daß auch Jules Verne nicht im Mond und nicht 10,000 Meilen unterm Wasser gewesen, und daß auch Schiller die Schweizerberge nicht kannte, die seinem Tell als Schauplatz dienen.

                                         Bertha v. Suttner

Karl May traf zwei Tage vor seinem Vortrag, am 20. 3. 1912, in Wien ein und stieg im Hotel Krantz ab. Dort suchte ihn Bertha von Suttner auf, und an diesem Tage wurden offensichtlich zum erstenmal persönlich zwischen den beiden »Gesinnungsgenossen« Worte gewechselt. Am 22. 3. saß Bertha von Suttner vor Karl Mays Rednerpult.

Am gleichen Tage noch trug sie stichwortartig in ihr Tagebuch ein: »Abends Vortrag Karl May. 70 Jahre. Wassertropfen. Menschheitsfragen. Gedicht von der Großmutter. Gleichnisse. Geisterschmiede. Fliegen können wir. Aviatiker des Geistes. Zuletzt liest er aus “Hochgedanken” vor …« – Zehn Tage später (am 1. 4. 1912) finden sich noch vier Worte: »Karl May ist gestorben …«

Niemand hat für Karl May einen schöneren Nachruf geschrieben als Bertha von Suttner in dem Wiener Blatt »Die Zeit« vom 5. 4. 1912, in dem sie sagte, daß jeder, der Karl May im Sophiensaal sprechen gehört hat, das Gefühl gehabt haben müsse: »In dieser Seele lodert das Feuer der Güte. « (19)

Bald nach Karl Mays Tod bereitete Klara May eine Neuausgabe von »Mein Leben und Streben« vor. Als Anhang sollte dem Buch »Karl Mays letzter Vortrag« beigegeben werden. Um den Vortrag in möglichst allen seinen Teilen rekonstruieren zu können, wendete sich die Witwe mit einer Anfrage an Bertha von Suttner und erhielt folgende Antwort:

Wien, Zedlitzgasse 7 (12. 4. 1912)

Geehrte Frau.

Es ist eine sehr glückliche Idee von Ihnen, daß Sie Ihres geliebten Toten letztes Buch herausgeben wollen und seinen letzten so schönen Vortrag daran knüpfen.

So viel ich mich erinnere, sprach er über mich ungefähr das Nachstehende und las die bezeichnete Stelle. – Sie haben doch das Buch zur Hand? – Wenn nicht, werde ich die Stelle kopieren.

                             Mit innigster Teilnahme      Ihre B. Suttner

Vor Kurzem fiel mir ein Buch in die Hände – es heißt »Der Menschheit Hochgedanken« – worin ich Anklänge an die Ideen fand, die meinem Lebenswerk und dem Losungswort meines heutigen Vortrags: »Empor« zu Grunde liegen. Die Verfasserin lebt in Ihrem schönen Wien. Ihr Name ist Bertha v. Suttner, und sie hat ihre ganze Arbeit, ihr ganzes Talent in den Dienst des glückverheißendsten der menschlichen Hochgedanken gestellt – den Gedanken des Völkerfriedens. Lassen Sie mich eine Stelle aus dem letzten Buche vorlesen; es ist eine Ansprache, die ein amerikanischer Milliardär, der alljährlicb die berühmtesten Zeitgenossen zu einer sogenannten Rosenwoche um sich versammelt, an seine Gäste hält:

S. 152, 2te Alinea von »wie jedes Jahr« bis zu – »rief die ganze Tafelrunde zurück.«

Und noch eine Stelle:

S. 295 von »Vor zweitausend Jahren« bis zu »indem man sich ihn zum Bruder macht.«

Die von Bertha von Suttner angegebenen Stellen – genau diese hatte auch Karl May in seinem Buchexemplar angestrichen und mit den Stichworten Aeroplan, Aviatik und Herzen empor! versehen – lauten:

S. 152: … Sie wissen, daß mir der Impuls zu Ihren vereinten Höhenflügen durch die Flüge gegeben wurde, welche damals dem ersten lenkbaren Luftschiff im Aethermeer gelungen sind. Jetzt gilt es, auch mit Flügen ins blaue Reich des Ideals sieghafte Rekords zu schlagen. Vehikel dazu sind die Gedanken; Gedanken, die bis über Wolken schweben – über die Dunstkreise der kleinlichen Privatinteressen, über die Niederungen der nationalen Streitigkeiten – menschliche Hochgedanken mit einem Wort. Und so schließe ich mit dem Ruf, der der Schlachtruf der neuen, höhenbewältigenden Zeit zu werden hat, dem Ruf: »Empor!« …

S. 295: Vor zweitausend Jahren hat ein Großer, Gütiger, Weiser einem solchen Hochgedanken Worte geliehen: »Liebet euch untereinander!« Vergebens! Aber vor Tausenden von Jahren hat ein Ikarus versucht, sich fliegend zur Sonne zu erheben – vergebens. Und doch kann man heute fliegen. Und so wird auch jenes andere Höhenreich zu erobern sein, in das nicht unser Körper, sondern unsere Seelen sich schwingen sollen.

Wehe, wenn man noch viel länger säumt, sich zu diesem Eroberungswerke aufzuraffen. Verfolgung, Knechtung, Entrechtung und Vernichtung dürfen nicht länger als legitimes Mittel zur Erreichung sozialer und politischer Zwecke gelten. Denn zu gewaltig sind die Vernichtungsmöglichkeiten herangewachsen. V o r  d e m  f l i e g e n d e n  M e n s c h e n  k a n n  m a n  s i c h  n i c h t  a n d e r s  s c h ü t z e n , a l s  d a ß  m a n  i h n  z u m  B r u d e r  m a c h t.

Die Neuauflage von Karl Mays »Mein Leben und Streben« erschien noch im gleichen Jahr bei F. E. Fehsenfeld in Freiburg und ging mit dem folgenden Geleitbrief Klara Mays an Bertha von Suttner ab.

                                Villa Shatterhand

                                Radebeul-Dresden, den 25. August 1912

Hochverehrte Frau Baronin!

Anbei sende ich Ihnen das letzte Werk meines Mannes, an dem Frau Baronin Mitarbeiterin waren. Der Verlag hat zwar etwas gekürzt, die Hauptsache blieb aber. Man fürchtete zu sehr den Rahmen des Ganzen zu überschreiten.

Ich wollte Frau Baronin nicht früher schreiben, bevor ich in der Lage war, das beifolgende Werk zu überreichen, und wenn ich ehrlich sein soll, so muß ich die beschämende Tatsache bekennen, daß ich doch nicht stark genug war, das mir auferlegte Kreuz so zu tragen, wie mein Herzensmann es mich gelehrt. Ich hatte zu viel verloren. Frau Baronin haben gleiches Leid durchlebt und werden verstehend verzeihen.

Diese Art der Trennung und die Wiener Tage ließen mich leichter tragen, was icb zu tragen hatte, und gaben und geben mir Kraft, in seinem Sinne weiter zu wirken, bis auch mir die schönste Stunde, die ich noch erwarten darf, schlägt, die mich wieder mit ihm vereint, den ich, wie sonst nichts auf Erden, verehrte, weil ich ihn kenne, wie kein Mensch ihn gekannt!

Nach seinem letzten Willen gehört Alles, was er erarbeitet, den Armen. Das Ministerium hat die Stiftung festgelegt. Was ich besaß, gab ich dazu, und um das Werk sobald als möglich in Kraft treten zu lassen, übernehme ich auch den Verlag für die Stiftung, um dieser reichere Mittel zuzuführen. Die beiliegende Karte mit dem Bilde meines Mannes zeigt den Beginn meiner Tätigkeit.

Ein besonderes Ziel habe ich mir aber noch damit gesteckt, das Bild meines Mannes der Welt so zu hinterlassen, wie ich es kannte und wie Frau Baronin es mit den Augen einer Seherin wahrnahmen. Die grauenhafte Caricatur muß schwinden, die seine entsetzlichen Gegner schufen. Die Wahrheit m u ß siegen!

Bei der Lecture Ihres letzten Buches schweiften meine Gedanken oft zur Verfasserin, wie viel Gleiches haben Sie mit Karl May! In seinem »Friede auf Erden« begegnen Sie einander auf Schritt und Tritt! Sicherlich gab Gott Ihnen und ihm die gleiche Aufgabe!

Frau Baronin durften stolz erhobenen Hauptes den Weg zum Ziel verfolgen an der Hand eines gütigen Schicksals. Ihr Weg lag im Sonnenschein, den auch das Leid nicht zu trüben vermochte.

Das beifolgende Buch »Mein Leben und Streben« zeigt, wie Karl May aus »Ardistan«, aus dem tiefsten Sumpfland seinen Weg nehmen mußte. Gewichte, schwerer als er selbst, zogen den Ringenden wieder hinunter. Gott allein fand den Verunglückten und leitete ihn durch tönende Gewalten zurück zum rechten Weg, der zwar an Dornen und Steinen noch überreich war, aber jenseits des Sumpfes lag, dem der im Schatten geborene für immer entronnen war. Ich glaube, Karl May erreichte sein Ziel. Millionen Menschenseelen fanden zu Gott, durch ihn, den Weg zurück, und Gott selbst belohnte seinen Diener schon hier, durch einen Heimgang, wie er nicht vielen Sterblichen beschieden ist.

Um Frau Baronin einen kleinen Einblick in die Machinationen jener Kreaturen zu geben, die Karl May ermordeten, sende ich Ihnen ein paar Nummern einer Dresdner Zeitung, »Die Woche«. Sie sehen da das Wirken von »Menschen« – sie glauben es zu sein – . die jenen Bestien gleichen, die die modernen Kriegsgreuel ersinnen und deren Ziele die Vernichtung des Nächsten sind.

Da ich Frau Baronin große, edle Seele kenne, wagte ich so viel zu senden, ich weiß, es verschwindet nicht ungelesen im Papierkorb.

Nun nur noch die innige Bitte, auch in kommenden Tagen ein gütiges Interesse nicht zu versagen, Ihrer in Hochachtung und Verehrung ergebenen Klara May

*

Chicago. 15./9. 1912

Sehr geehrte Frau. Ich befinde mich auf einer Rundreise in Amerika. Ihr Bf. ist mir nachgesandt worden – nicht aber das Buch, das ich erst bei meiner Rückkunft vorfinden werde. Haben Sie Dank und seien Sie des vollen Mitgefühls sicher, das ich Ihrem Leid und Ihrem edlen Streben entgegenbringe.             Hochachtungsvoll

                                                 Bertha Suttner

Aus den wenigen überlieferten Dokumenten ist ersichtlich, daß die Suttner die Bestrebungen Mays nicht weniger anerkannte, als er die ihren bewunderte. Dem Frieden, für den Bertha von Suttner kämpfte, galt auch Karl Mays Lebenswerk. Wie verwandt sich beider Gedanken und Ziele waren, sei zum Schluß mit zwei kurzen Textstellen belegt:

Es ist hier jede Art des Friedens gemeint, auch der wissessschaftliche, der kirchliche, der soziale usw., nicht nur der politische. All unser Streben nach diesem letzteren wird trotz der Suttner und trotz des russischen Großbeschützers doch nicht zum Ziele führen, wenn wir nicht vorher auch schon den Frieden in all diesen anderen Beziehungen haben (20).

Ihr habt Kriegswissenschaften, theoretische und praktische. Und ihr habt Friedenswissenschaften, throretische, aber keine praktischen. Wie man den Krieg führt, das weiß jedermann; wie man den Frieden führt, das weiß kein Mensch. Ihr habt stehende Heere für den Krieg, die jährlich viele Millionen kosten. Wo habt ihr eure stehenden Heere für den Frieden, die keinen einzigen Para kosten, sondern Millionen einbringen würden? Wo sind eure Friedensfestungen, eure Friedensmarschälle, eure Friedensstrategen, eure Friedensoffiziere? (21)

Anläßlich des eingangs erwähnten Besuchs der Suttner bei Klara May in Radebeul hatte sogar die örtliche Presse ganz selbstverständlich festgestellt, daß Karl May sich »bekanntlich die Förderung der Ziele der Baronin von Suttner angelegen sein« ließ. In der Wohnung des Verstorbenen trug die Baronin an diesem Tage ins Gästebuch ein:

Die Briefe vom 17. 10. 05 und 25. 8. 12 sowie die Tagebuchstellen vom 22. 3. 12 und 1. 4. 12. stammen aus dem Bertha-von-Suttner-Archiv der Vereinten Nationen in Genf. Dr. Franz Cornaro, Wien, der auch die Anregung zu dieser Dokumentation gab, wies als erster auf eine May-Handschrift im UN-Archiv hin (in: »Karl-May-Ausstellung des Museums für Völkerkunde in Wien« 1949, 42). Um die Briefe bemühte sich schon 1955 Hainer Plaul, Berlin; die Tagebuchstellen besorgte freundlicherweise Dietrich Bauer, Genf. Die übrigen Schriftstücke sowie das Faksimile stellte dankenswerterweise der Karl-May-Verlag, Bamberg, zur Verfügung.


1 Band 34 »Ich« 111.-120. Tsd., 374

2 Nach einer Zusammenstellung von Leopold Katscher in: B. v. S., die Schwärmerin für Güte, Dresden 1903, 31; »Polarnacht der Barbarei« stammt aus Der Menschheit Hochgedanken, 88

3 Alfred H. Fried, Bertha von Suttner, Berlin 1908,10

4 Fried, a. a. O., 11

5 Friedensforschung und Gesellschaftskritik, Herausgeber: D. Senghaas, München 1970

6 Carl Schünemann Verlag, Bremen 1965

7 Hochgedanken 34, 115, 131, 194, 292, 389

8 Zitate nach Fried, a. a. O. 8, 12

9 Nach Eberhard Hilscher, Gerhart Hauptmann, Berlin 1969, 128

10 Die beiden Strophen Tragt euer Evangelium hinaus in Und Friede auf Erden

11 »Dieses selbstbiographische Büchlein beschreibt frei nach der Wirklichkeit ihr interessantes Zusammenleben mit A. G. im Kaukasus in ganz origineller Weise und bildet geradezu eine Ehestandsmonographie« (L. Katscher)

12 Fried, a. a. O. 5, 6, 15

13 vgl. auch Mays Erläuterungen zu »Babel und Bibel«, KMJB 1921, 71; in der Karl-May-Verlags-Ausgabe (Bd. 49,274) wurde die Stelle wegbearbeitet.

14 vgl. Hochgedanken 193

15 Zitiert nach Katscher, a. a. O. 31

16 Hatzig, Karl May und Sascha Schneider, Bamberg 1967, 181

17 Winnetou IV, 151, 315, 320

18 Jb-KMG 1970,78 f.

19 ebd. 80

http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg/seklit/JbKMG/1971/bilder/256.gif20 Mays Erläuterungen zu »Babel und Bibel«, KMJB 1921, 62

21 Karl May, Ardistan und Dschinnistan 1, 17


L e b e n s d a t e n

1843 (9.6.) Bertha von Suttner als Tochter des Feldmarschall-Leutnants Graf Kinsky in Prag geboren – 1864-69 Gesangsunterricht in Paris, Mailand und Rom – 1873 Erzieherin im Hause des Baron Suttner – 1876 Erste Begegnung mit Alfred Nobel: Heirat mit Artur Gundaccar von Suttner – 1876-85 Aufenthalt des Ehepaares im Kaukasus – 1885 Wohnsitz in Schloß Harmannsdorf – 1891 Gründung des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus durch A. G. v. Suttner; Gründung der Österreichischen Friedensgesellschaft durch B. v. S.; erstes öffentliches Auftreten beim Friedenskongreß in Rom – 1892 Gründung der Deutschen Friedensgesellschaft in Berlin (Mitbegründer: A. H. Fried); zweite Begegnung mit A. Nobel – 1892-99 Herausgeberin der Revue »Die Waffen nieder!« – 1899 Teilnahme an der 1. Haager Friedenskonferenz – 1900-14 Mitarbeiterin der »Friedenswarte« (Herausgeber: A. H.

Fried) – 1902 A. G. von Suttner gestorben – 1905 Vortragsreise durch 23 Städte, darunter Dresden; Friedensnobelpreis für B. v. S. – 1906 Vortragsreise durch Skandinavien – 1907 Teilnahme an der 2. Haager Friedenskonferenz – 1912 Teilnahme an Karl Mays Vortrag im Wiener Sofiensaal; Vortragsreise durch die USA – 1913 Besuch in Radebeul – 1914 (21.6.) B. v. S. in Wien gestorben.


B i b l i o g r a p h i e

1882 Inventarium einer Seele, Roman – 1884 Ein schlechter Mensch, Roman; High Life, Roman; Ein Manuskript – 1885 Daniela Dormes, Roman – 1886 Schriftsteller-Roman; Das Maschinen-Zeitalter, Zukunftsvorlesungen über unsere Zeit – 1887 Verkettungen, Novellen; Erzählte Lustspiele, Neues aus dem High Life – 1889 Die Waffen nieder! Eine Lebensgeschichte (bis 1903: 31 Auflagen); auszugsweise Neuausgabe 1960 in »Rüstet ab!«, Stiasny-Bücherei, Graz und Wien, hrsg. von Helmut Schwarz – 1892 Dr. Helmuts Donnerstage, Vorträge in Rahmenerzählung; Eva Siebeck, Roman; Die Tiefinnersten, Roman; Es müssen doch schöne Erinnerungen gewesen sein, Erz. – 1893 Trente et Quarante, Roman; La Traviata, Roman; Im Berghaus, Novelle – 1894 Vor dem Gewitter, Roman; Phantasien über den Gotha, Novellen; Es Löwos, eine Monografie; Hanna, Roman – 1896 Wohin? Die Etappen des Jahres 1895; Krieg und Frieden, Erzn., Aphorismen, Betrachtungen; Einsam und arm, Eine Lebensgeschichte – 1897 Schmetterlinge, Novellen; Schach der Qual, ein Phantasiestück – 1898 Kiukuk, Novelle – 1900 Die Haager Friedenskonferenz, Tagebuchblätter – 1902 Marthas Kinder, Fortsetzung der »Waffen« – 1904 Briefe an einen Toten; Der Krieg und seine Bekämpfung – 1906/07 Gesammelte Schriften, 12 Bände – 1908 Memoiren; auszugsweise Neuausgabe 1960 in »Rüstet ab!« (a. a. 0.); vollständige Neuausgabe: Bremen 1965, hrsg. von Liselotte von Reincken, mit einem Geleitwort von A. H. u. L. Pauling – 1909 Rüstung und Überrüstung – 1911 Der Menschheit Hochgedanken, Roman – 1917 Der Kampf um die Vermeidung des Weltkrieges, Aufsätze, 2 Bände.


Inhaltsverzeichnis Jahrbuch 1971

Übersicht Jahrbücher

Titelseite  

http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg/seklit/JbKMG/1971/246.htm


In Zusamenarbeit mit einer Geronto–Therapeutin und gegenwärtigen Leiterin der Fachstelle für pflegende Angehörige veranstaltete das Filmtheater einen Film– und Gesprächsabend zum Thema Demenz. Erörtert wurden finanzielle und organisatorische Fragestellungen auch unter Hinweis auf
die längst eingerichtet erste Demenz–Wohngemeinschaft für Betroffene im Landkreis. 2015 veranstaltete das Filmtheater „Atomwaffen: Abziehen, Verbieten und Abrüsten“1 einen Vortragsveranstaltung mit Alt–Oberbürgermeister Dr. Dietmar Hahlweg Erlangen „Erlangens Weg zu den
Bürgermeistern für den Frieden ( Mayors for Peace)“ sowie mit Bürgermeister Andreas Galster (Baiersdorf)zur „Die Bedeutung der bundesweiten Konferenzen der Mayors for Peace“.Bürgermeister haben die oberste Pflicht, die ihnen anvertrauten Bürger zu schützen. Von daher ist die Arbeit der „Bürgermeister für den Frieden“ (Mayors for Peace) gerade auch in der aktuellen Krisensituation einer zunehmenden Kriegsgefahr in Europa ein wesentlicher Weg zum Erhalt des Friedens. Es geht darum, unter den Menschen und insbesondere der neuen Generation den Wunsch nach Frieden wachzuhalten und die soziale Zuversicht zu stärken, daß ein Zusammenleben ohne Gewalt möglich ist. Grundsätzliche Einigkeit besteht nicht nur nach Auffassung beider Vortragenden darin, daß Androhung oder gar ein Einsatz von Atomwaffen in zwischenstaalichen Konfliktsituationen
indiskutabel ist – ganz gleich, wer zuerst auf den Knopf drückt. Aus dem Grundsatz der UN–Charta zum Selbstbestimmungsrecht der Völker kann es nur Verhandlungslösungen auf gleichberechtigter Ebene geben.
Zur Einordnung der Bedeutung der Arbeit des Mayors in die aktuell brisante politische Lage in Europa hob Werner Schramm hervor: Im Kalten Krieg sahen die strategischen Pläne der Nato vor, Deutschland bei einem Angriff der Warschauer–Pakt–Staaten zum atomaren Schlachtfeld zu
machen und damit dem Untergang zu weihrn. Entsprechend diesen Plänen sollte noch im Juli 1989 in einem Nato–Manöver mit dem Namen Wintex/Cimex in Deutschland geübt werden. Willy Wimmer war damals Staatssekretär im deutschen Verteidigungsministerium und sollte der
verantwortliche deutsche Teilnehmer bei der Übung sein. Als Willy Wimmer von den Plänen erfuhr, auch Atombomben auf Potsdam und Dresden zu werfen, zog er die deutsche Beteiligung an dieser Übung in Absprache mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl zurück. Die Strategie
des Ersteinsatzes von Atomwaffen haben die USA und die Nato bis heute nicht aufgegeben. Willy Wimmer führte im Rahmen seiner Buchpräsentation („Wiederkehr der Hasardeure: Schattenstrategen, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute“, zus. mit Wolfgang Effenberger)
im März 2015 erschreckend deutlich aus: Im Februar diesen Jahres habe George Friedman, Chef der US–Denkfabrik STRATFOR, im Februar 2015 im „Chicago Council on Global Affairs“ bestätigt, daß die USA seit mehr als 100 Jahren eine deutsch–russische Zusammenarbeit mit allen
Mitteln verhindert haben. Bereits ab 1871 war für Großbritannien das vereinte und wirtschaftlich aufstrebende Deutschland die Hauptgefahr. Seither arbeite eine Elite der angelsächsischen Länder mit Wirtschaftskriegen, Intrigen und Destabilisierungsmaßnahmen gegen eine starke Mittelmacht in
Europa. Und Paul Craig Roberts, ehemaliger stellvertretender Finanzminister unter Ronald Reagan, übertitelte einen Aufsatz mit „Sind Sie bereit für den Atomkrieg?“ Die Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen für einen Erstschlag gegen Rußland ist also aktueller denn je und „Bürgermeister für
den Frieden“ folglich ebenfalls. Die Organisation „Bürgermeister für den Frieden“ (MfP) wurde 1982 auf Initiative des damaligen http://www.mayorsforpeace.de/presse/artikel/bb9429e949edbf98c0dad2c601f69dae/atomwaffen-abziehenverbieten.
html Bürgermeisters von Hiroshima, Takeshi Araki, gegründet. Der damalige OB von Hannover, Herbert Schmalstieg, engagierte sich in einer Städtepartnerschaft mit Hiroshima und bat um Mitwirkung anderer Städte bei den MfP. Erlangen folgte 1984 als dritte Stadt Deutschlands und Fürth 1984. Hier findet jährlich eine Feier im Stadtpark am Mahnmal statt, das der Fürther Kulturpreisträger Kunihiko Kato zur Erinnerung an die Atombombenabwürfe geschaffen hat.
Insgesamt sind weltweit mehr 6000 Städte zusammengeschlossen. Der OB von Hannover ist einer von acht Vizepräsidenten und koordiniert die über 400 Mitgliedsstädte. Erlangen fühlte sich über Jahre in Hiroshima gut von Hannover vertreten. Am Ende seiner Ausführungen betonte Dr.
Hahlweg, daß der Einsatz für Frieden und Abrüstung auch auf lokaler städtischer Ebene durch jeden von uns dringender denn je sei. Am Ende seiner Ausführungen zollte Dr. Hahlweg Dank und Respekt vor allem an das Ehepaar Schramm und das Kulturkino für seine beispielhaften Initiativen.
Nach wie vor sind – trotz gegenteiligen Votums von 2010 aus dem Deutschen Bundestag – nach wie vor die mittlerweile sogar moderniserten Atomwaffen in Deutschland gelagert. Die Tornado–Piloten des Jagdbombergeschwaders 33 auf dem Fliegerhorst Büchel lernen, wie man Atombomben abwirft. Die in Büchel lagernden US–Atomwaffen ermöglichen es der Bundesrepublik, sich an der
„nuklearen Teilhabe“ der NATO zu beteiligen. Das heißt, im Kriegsfall können Tornado–Piloten aus Büchel Nuklearwaffen einsetzen, wenn der US–Präsident diese freigegeben hat. Erinnert sei in diesem Zusammenhang auch daran, daß der Einsatz der Atombomben in Japan ein
Test an der Zivilbevölkerung, also ein Kriegsverbrechen und für das Ende des Krieges unerheblich war. Höchstadt ist seit 2009 Mitglied der „Bürgermeister für den Frieden“ (Mayors for Peace). Unverständlich erscheint, wieso der Stadtrat seitdem „Mayors for Peace“ boykottiert und auch
Vertreter der katholischen Kirche dies tun. Vor diesem Gesamthintergrund gesehen, muß die Höchstadter Friedenserklärung mit Leben gefüllt werden. So hoffen wir, daß Höchstadt mit Stadtrat und Jugendparlament künftig an den Jahrestreffen in Hannover mitwirkt, bei den Flaggentagen sich
neben Nürnberg, Fürth, Erlangen, Baiersdorf, Neustadt und Bamberg einreiht und sich auch zu diesem Weg zum Frieden bekennt.
Neben aktuellen Dokumentationen zur Heimatpflege (Beispiel Kellerberg) hat das Filmtheater eine Reihe an Spielfilmen mit Lokalbezug erstellt. Nicht zu vergessen ist die filmpädagogische Arbeit mit Kindergruppen sowie die Spielfilmerstellung, wie sie eindruckvoll 2015 vom Bayerischen
Rundfunk in einem Portrait der Vereinsarbeit dokumentiert und ebenfalls von Aischgrund TV gewürdigt wurde.Mit dem Spielfilm „Grüße aus Fukushima“, der die Folgen der Nuklearkatastrophe von Fukushimaam 11. März 2011 zum Thema hat, unterstützte das Filmtheater 2016 die Arbeit des „Höchstadter Aktionsbündnis gegen Atomkraft“.
Nicht zu vergessen sind unsere Videomitschnitte etwa zur Dokumentation der deutsch-russischenVölkerverständigung. So konnten aus Nischnij Nowgorod zum einen die gehörlosen Pantomimen mit ihrem beeindruckenden Programm „Flügel für Clowns“in der WAB Adelsdorf aufgezeichnet werden. Das Projekt „PIANO-Fortissimo“ dieser russischen Theatergruppe wurde „1986 von einer Familie und mit
Tauben zusammen gegründet. Dort bekommen taube Kinder eine professionelle Ausbildung in der Kunst der Pantomime. Pantomime ist nicht an (eine) Gebärdensprache gebunden und gleicht mehr der Poesie.“ Zum anderen erlebten wir in ebenfalls in 2017 eine Aufführung der deutschlernenden Schüler des Gymnasiums Nr. 1 Nischnij Nowgorod mit ihrem auf deutsch und auf russisch gespielten
Theaterstück „Kommt wieder, aber ohne Waffen“. Ein Theaterstück nach Erinnerungen deutscher Kriegsgefangener. Das Stück veranschaulicht in sieben Szenen die Erlebnisse von Claus Fritzsche, Wolfgang Morell (der bei der Aufführung in Erlangen anwesend war) und anderen deutschen
Soldaten in der sowjetischen Kriegsgefangenschaft: „Wie sie als junge Menschen – manche mit Begeisterung – in den Krieg gegen Russland ziehen und gefangen genommen werden; wie sie in den Lagern Krankheiten und Hunger erleiden und schwere Arbeit leisten müssen, aber entgegen der
Nazipropaganda korrekt behandelt werden; wie sie von russischen Menschen Mitleid und Hilfe und sogar Liebe erfahren“ (Aus dem Begleitheft). Die Aufzeichnungen von beiden Veranstaltungen übermittelten wir auch nach Rußland an die Aufführenden.


Kulturkino: Liste der Eigenproduktionen Restauration eines Höchstadter Heimatfilms von 1933/34 (Lehrer Gebhardt), gemeinsam mit dem Stadtarchiv und der Stadtkapelle, 2006 Gretel Hawel – Ein Leben für den Kree, Doku 2007 Mit Gretel Hawel unterwegs, Doku – Ein Nachruf 2017„Im Zeichen des Krummstabes“, Aufzeichnung und Bearbeitung einer Theaterproduktion des Heimatvereins 11/2007 in St. Georg/Höchstadt Kurzfilm über die Kulturtage des Landkreises ERH in der Partnerstadt Tarnowskie Gory (Polen), Doku 2007 „Neue Heimat Höchstadt – Vertriebene, Flüchtlinge und ein Flüchtlingskommissar“ (Max Brehm) ,Doku 2008 „HOLPU“ mit der Filmgruppe „Querschnitt“ der Barmherzigen Brüder Gremsdorf 2008 „Der Schrei des Karpfens“, Spielfilm Höchstadt, Oktober 2009
„Kinderzüge in die Schweiz“ – Die Deutschlandhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes 1946–
1956, Doku 2010 Wie Winnetou in die iDörfer kam“– Das Wanderkino der Familie Weber, Doku 2011
„Senioren fahren leise Fahrrad“, Spielfilm Höchstadt, 2011
„Das evangelische Pfarrzentrum in Alkenrath – Blüte und Niedergang“, Leverkusen 2012/13
„Die kluge Müllerin“ (von der Aisch), Spielfilm Höchstadt, 2014
„Der tägliche Wahnsinn“, Spielfilm Höchstadt 2015
„Paul Himmel startet durch“, Spielfilm Höchstadt 2016
© Verein Förderung der Filmkultur e.V. im Dezember 2017

https://www.youtube

https://www.youtube.com/watch?v=HFHmqU5m3Qo

https://youtu.be/BS4lBk0pYo4