Kuscht eine deutsche Behörde vor US-amerikanischer Unternehmerwillkür?1

Kuscht eine deutsche Behörde vor US-amerikanischer Unternehmerwillkür?1

US-amerikanische Filmverleiher wie Warner Bros., Universal, 20th Century Fox etc. verweigern
seit der Umstellung von 35mm-Film auf digitales Kino offensichtlich unter einem Vorwand die
Belieferung von Kinos mit lediglich sog. DCI-kompatiblen Servern (ROPA, Admovie, Fraunhofer
Player). Seitens dieser sog. US-Majors wurde ein vorgeblicher technischer Digital“Standard” – hier
auch mithilfe der EU – durchgedrückt, der nicht nur teuer ist und öffentliche Gelder verschlungen
hat bzw. weiterhin verschlingt, sondern auch nicht die behauptete Kopiersicherheit garantiert. Das
zeigt allein die bekannte Streaming-Möglichkeit für aktuellem Filme im Netz. Insofern ist die im
sog. DCI-Standard u.a vorgesehene Möglichkeit, Vorführaktivitäten mitzuloggen und den
Lieferanten zur Verfügung zu stellen sowie Wasserzeichen in die Filme einzubetten lediglich
Makulatur. Dennoch werden Kinos, die auf diese Teile des DCI-Standards verzichten, weiterhin
von den US-Majors nicht mit Material beliefert.Jahrzehntelang konnten Kinobetreiber in der
Vergangenheit mit 35mm-Kopien Filme dem Publikum präsentieren, ganz gleich ob in Mono,
Stereo oder mit einer lediglich dem Raum angepaßten Lichtleistung.
Wie jedoch zu zeigen ist, scheint es (vor in Vorbereitung auf das sog. Freihandelsabkommen TTIP)
um die Übernahme des gesamteuropäischen Marktes (ohne Rußland) und Steuerung von Inhalten
und Verleihgeschäft seitens der sog. Majors aus den USA zu gehen. Dem galt bzw. gilt es
entgegenzuwirken.
Die Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters schreibt zwar: „Kunst und Kultur
brauchen größtmögliche Freiheit, um sich entfalten zu können.“ Wie läßt sich das mit der
Ausgrenzung von Kinos mit lediglich DCI-kompatiblen Anlagen auch aus der staatlichen
Förderung vereinbaren? Das Ministerium schweigt sich dazu – auch auf Nachfrage – bis heute aus.
Nun hat die Berichterstatterin der 6. Beschlussabteilung der Kartellbehörde nach einem halben Jahr
auf die Beschwerde einiger Kinos gegen die Belieferungsdiskriminierung hin geantwortet. Obwohl
es sich um eine Behördenstellungnahme handelt, wird von dort aus untersagt, diese skandalösen
Ausführungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.2 Die Behörde nimmt zwar
Bezug darauf, daß „aus kartellrechtlicher Sicht […] die Verweigerung der Belieferung von Kinos,
die kein DCI-kompatibles System, durch einen Filmverleih einen Verstoß gegen das
Diskriminierungs- bzw.Behinderungsverbot des § 20 GWB i.V.m. § 19 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes
gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) darstellen [kann].“ Die Behörde verdreht jedoch den
Sachverhalt, denn eigentlich müßte es in der Wiedergbe unsere Beschwerde heißen „DCI-konform“
statt „DCI–kompatibel“. Ausgegrenzt von der Belieferung durch Filme der US-Majors werden eben
1„ … Was wir unbedingt brauchen, ist mehr Ethik in der Wirtschaft und im Rechtswesen. In meinem Bericht vom
Herbst an den UNO-Menschenrechtsrat habe ich einen „Plan of Action“ erstellt und meinem Bericht hinzugefügt. Einer
meiner Vorschläge ist, dass die sozialen Verpflichtungen der Investoren und Konzerne in einem verbindlichen Vertrag
verankert werden, und dass Personen zur Rechenschaft gezogen werden. Selbstkontrolle funktioniert nicht. Ich schlage
ferner vor, dass Rechtsfakultäten an den Universitäten nicht nur Rechtspositivismus lehren und wie man einen
juristischen Fall gewinnt, sondern wie man der Gesellschaft dient, wie man der Justiz dient. Man muss den jungen
Menschen Ethik vermitteln. Ein Rechtsanwalt, ein Konzernchef, ein Schiedsrichter, ein Richter muss wissen, dass er
eine Funktion im Staat, für die Gesellschaft hat und nicht gegen das Wohl der Gesellschaft arbeiten darf. Es kann nicht
darum gehen, nur zu gewinnen und sich selbst zu bereichern. Jedem jungen Studenten muss beigebracht werden, dass er
eine Verantwortlichkeit hat. Er muss einen Stolz entwickeln, dass er für die Gesellschaft arbeiten darf und nicht nur für
seine Tasche. …“ Prof. de Zayas a.a.O., s. Fußnote 5
2 Wettbewerbsbeschränkungen, https://www.gesetze-im-internet.de/gwb/BJNR252110998.html
§ 19 Verbotenes Verhalten von marktbeherrschenden Unternehmen
(1) Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist
verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager
einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
§ 20 Verbotenes Verhalten von Unternehmen mit relativer oder überlegener Marktmacht
(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von
Unternehmen, soweit von ihnen kleine oder mittlere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art
von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten,
auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen (relative Marktmacht).
gerade Kinos mit DCI-kompatiblen Systemen (wie etwa geschehen bei dem durch öffentliche
Gelder geförderten Film „Der Medicus“, für es noch nicht einmal eine DVD-Lizenz gab).
Die Behörde stellt allerdings einen Zusammenhang zwischen dem von uns dargestellten
Sachverhalt der Belieferungsdiskriminierung und dem Gesetz so dar, daß die Verweigerung der
Belieferung „unbillig“ oder ohne „sachlich gerechtfertigten Grund gleichartige Unternehmen
unmittelbar oder mittelbar anders behandeln würde. Eine solche Fallkonstellation ist in dem von
Ihnen beschriebenen Kontext jedoch nicht erkennbar.“ Diese Interpretation des §19 bzw. §20 geht
jedoch aus den in der Fußnote wiedergegebenen Wortlaut nicht hervor. Es scheint sich hier um eine
passend gemachte Interpretation der Behörde zu handeln. Hinzu komme, so die Behörde weiter, daß
„tatsächlich […] nach Auskunft der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
(BKM) von den geförderten Kinobetrieben fast ausschließlich DCI-Systeme nachgefragt [wurden].
Dieses System hat sich am Markt als digitaler Standard de facto durchgesetzt.“
Wie – nicht nur – wir jedoch zu den tatsächlichen Abläufen wissen, erfolgte hingegen diese
„Nachfrage“ aus gewissen US-amerikanischen Vorgaben heraus. Diese umzusetzen erschienen für
Kinos zwingend erforderlich, wollten sie weiterhin auch (Hollywood-)Filme der US-Verleiher bzw.
über diese disponierte Filme spielen. Wie aus dem Schreiben der Europäischen Kommission
hervorgeht, ist der Digitalisierungsprozeß europäischer Kinos mit den sechs US-Majors
durchgesetzt worden. 3 Von daher erscheint es folgerichtig, wenn wir etwa Warner Bros. in den
Zusammenhang mit den anderen Majors einordnen.
Die Umstellung auf den sog. (US-) Standard wurde zunächst unter bestimmten Kriterien massiv
durch öffentliche Gelder gefördert. Die Kartellbehörde verweist in ihrem Schreiben darauf, daß die
„Belieferung von Kinos mit anderen Projektionssystemen wie z.B. A-Cinema […] nur wenige und
wirtschaftlich kleine Kinobetriebe [betrifft], die kein DCI-System eingeführt haben“. Zudem stehe
„dem Bundeskarteliamt nach § 32 GWB ein Aufgreifermessen zu.“ Dabei müsse es im öffentlichen
Interesse liegen (nach welchen – schwammigen – Kriterien legt das wer fest?), d.h. „wenn es sich
um einen Fall von allgemeiner Bedeutung und erheblichem wirtschaftlichen Gewicht handelt.“ Aus
dieser Begründungskette heraus wurde kein Verfahren eingeleitet. DCI ist lediglich für ein
bestimmtes Segment Marktstandard, nämlich für Blockbuster hollywoodscher Herkunft. Deutsche
Verleiher bestehen in der Regel nicht auf diesem „Standard“. Der Bundesverband kommunale
Filmarbeit, eine Interessenvertretung, empfiehlt sogar A-Cinema4. A-Cinema hat in Deutschland
mittlerweile Marktreife erlangt und wird zunehmend im Kinobetrieb vor allem in der Fläche
eingesetzt, also in kleinen Programmkinos. Blenden wir ein wenig zurück:
In unserer Beschwerde an die Kartellbehörde schrieben wir: „Mit Einführung der Digitalisierung wurde
die Bewahrung und Präsentation des filmhistorischen Erbes gerade in kommunalen Kinos versprochen
sowie der ‚Bewahrung des öffentlichen Kinoerlebnisses im ländlichen Raum‘ das Wort geredet. Aber
gerade im ländlichen Raum mussten die Kinos schließen, die sich eine teure DCI-konforme Anlage
entweder nicht leisten konnten oder wollten.“
Auch insofern liegt der Verdacht nahe, daß die Kartellbehörde vorrangig eine gewisse
Konzernpolitik stützt. Wir in Europa bestehen darauf, uns Kultur zu leisten – auch wenn sie im
marktradikal wirtschaftlichen Sinne nicht rentabel ist. Von daher heißt unser Wirtschaftsmodell in
Deutschland traditionell auch „Soziale Marktwirtschaft“.
Die abschlägige Stellungnahme der Behörde wirft Fragen auf:
Ist der Lieferboykott unbillig?
Billig ist, was der Auffassung aller billig und gerecht denkenden Menschen entspricht und
interessenausgleichend oder interessengerecht wirkt.
Ein Film erscheint in Erstauswertung im Kino, später auf Bluray etc. Jeder Mensch hat die
Möglichkeit, diesen Film im Kino zu sehen. Allerdings erhalten die Besucher von Kinos, die
alternative Projektionstechniken einsetzen, diese Möglichkeit nicht. Also: In der Regel nicht. Wenn
die Filme dann auch etwa sechs Monaten auf DVD/BD erhältlich sind, die Filme also längst
6 „Im Rahmen von VPF-Finanzierungsmodellen schließen Verleihfirmen (ursprünglich die sechs US-Majors)
Langzeitverträge mit zwischengeschalteten Stellen (sogenannten Integratoren).“
4 http://www.kommunale-kinos.de/?page_id=192
auswertet sind, kann eine BluRay–Lizenz manchmal teuer erworben werden. Für kleine Spielstätten
ist das wirtschaftlich selten machbar. Und noch etwas: Die Umstellung auf ausschließlich DCIkonforme
digitale Projektion verengt jedoch aufgrund der Durchsetzung US-amerikanischer Vorgaben,
dessen breite Anwendungsmöglichkeit. DCI-kompatible Systeme sind allerdings (zukunfts)sichere und
qualitativ hochwertige Systeme. So folgt Warner Bros. Pictures in einem Schreiben des Sales Managers
Germany einer ziemlich simplen Logik: Alle auf DCI-konforme Technik umgestellten Häuser sind
Kinos, alle nicht-konformen Häuser alternative Spielstätten. Wie man sich die Welt eben zurechtdreht.5
Vergessen wir nicht: Müssen wir es in diesem Zusammenhang nicht so sehen, daß eine Förderung der
Digitalisierung privater Unternehmen aus öffentlichen Geldern, die in erster Linie US-amerikanischen
Konzerninteressen dient, eigentlich eine sachfremde Verwendung öffentlicher Gelder darstellt? Warum
kommt es zu einem solchen behördlichen Vorgehen? Welche Interessen scheint die Behörde
kaschieren zu wollen? Ein Antwort könnte in der Durchsetzungshilfe für TTIP/TiSA liegen.
„ … Es geht darum, dass die transnationalen Körperschaften sich aller Kontrollen entledigen wollen.
Die Investoren, Banken, Ölfirmen, Pharmaindustrie usw. wollen nicht zulassen, dass die Staaten
ihre ureigenen Aufgaben erfüllen können. Sie wollen nur Profit, immer grösseren Profit, und diesen
erreichen sie, wenn sie sich aller Kontrollen entledigen. Das ist gegen das Interesse eines jeden
Bürgers und damit gegen das Gemeinwohl. …“6
Festzuhalten ist ebenso: In den USA ist Film im Unterschied zu Europa kein (förderungswürdiges)
Kulturgut, sondern eine Ware, die den größtmöglichen Profit erzielen soll. Hierbei haben weder
sozialstaatliches noch anderes solidarisches Denken eine Bedeutung.
Gibt es einen sachlich gerechtfertigten Grund für den Lieferboykott?
Leider ist es seitens der Kartellbehörde nicht erlaubt worden (was soll wohl einem breiteren
Publikum verborgen bleiben?), die Ausführungen des Kartellamtes nachvollziehbar online zu
stellen.Tatsächlich wirkt die Antwort des Kartellamtes nicht wie eine Auseinandersetzung mit dem
Thema, sondern wie eine Wiedergabe der Positionen der Politik sowie der wenigen Teilnehmer und
Nutznießer des Lieferboykotts.
Die wichtigsten Darlegungen der Behörde nun als Überschriften:
„Der Boykott betrifft nur wenige und wirtschaftlich kleine Kinobetriebe“
Stimmt. Unsere bisherige Auffassung war, daß das Kartellamt gerade Marktverwerfungen, die
durch monopolartige Strukturen entstehen und deren Leidtragende die kleinen Betriebe sind,
verhindern soll.
„DCI ist Marktstandard“
Die meisten Kinos sind mit DCI-konformen Anlagen ausgerüstet, die der Marktmacht Hollywoods,
sowie den gegebenen Fördermitteln von diversen Verleihern im Rahmen einer PPP und der
Förderpolitik der BKM geschuldet sind. .Allerdings macht dieses Vorgehen etwas nicht zum
Marktstandard. Nur eine Minderheit der Lieferanten (ca. 1–2% ) boykottiert alternatives (DCIkompatibles),
digitales Abspiel. Alle sonstigen Marktteilnehmer beliefern alternative Systeme (z. T.
ohne Verschlüsselung) und scheinen die Probleme dieser Minderheit nicht zu haben. Ein
erzwungener Marktstandard, der von 1-2% der Marktteilnehmer gefordert wird, ist eigentlich kein
Standard, sondern ein Marktdiktat. Unsere einst bewährte „Soziale Marktwirtschaft“ wurde
offensichtlich mittlerweile fast überall in ein marktradikales (US-)System verwandelt.
„DCI hat sich am Markt als digitaler Standard de facto durchgesetzt“
5 „Viele von den anderen Kinobetreibern, … wie etwa die Gesellschaft zur Förderung der Filmkultur (Höchstadt),
Steinhaus e.V. (Bautzen) … oder das Kommunale Kino mon ami (Weimar) sind jedoch keine konventionellen Kinos.
Stattdessen zeigen sie Filme im nicht-gewerblichen Bereich etwa für bestimmte Fans oder Communities, Film-Clubs
oder betreiben Open-Air Kinos.“(Schreiben von Warner Bros. Germany, Sales Manager Volker Modenbach,
11.02.2015)
6 „Multinationale Verträge wie TPP, TTIP, TiSA hebeln soziale und demokratische Errungenschaften aus“, Interview
mit dem Völkerrechtler Professor Dr. iur. et phil. Alfred de Zayas, https://www.compact-online.de/mehr-ethik-in-derwirtschaft-
und-im-rechtswesen/
De facto sind eine Reihe von Filmen längst im Internet zu „streamen“, bevor sie im Kino
ausgewertet werden. Das heißt: „De facto“ ist immer im Zusammenhang mit „de jure“ zu
betrachten. „De jure“ aber hat DCI kein Recht auf eine Bevorzugung.
„DCI sich marktweit durchgesetzt hat und auch von nahezu allen kleineren Kinobetrieben
eingesetzt wird (nach Auskunft des Verbands AG Kino)“
Es handelt sich bei den Betroffenen nicht um Mitglieder der AG Kino und für andere Kinos kann
dieser Verband nicht sprechen.
“Von Marktteilnehmern wird die Tatsache, dass es einen einheitlichen Standard gibt (wie
zuvor die analoge 35mm-Projektion) als positiv geschildert.”
Dies erscheint als demagogische Augenwischerei. A-Cinema bspw. spielt jegliche DCI-Filme ab
und kann technisch einiges darüber hinaus leisten. Die Vertreter der alternativen Systeme sind
gegenüber einem einheitlichen technischen Standard ebenfalls positiv eingestellt.
„ … von den Filmverleihern gewünschten Sicherheit des Systems“
Die Filme können an die alternativen Systeme verschlüsselt geliefert werden. Ein Kopieren
(digitales Ausspiel) ist mit der Kinoplaylist von A-Cinema nicht möglich. A-Cinema bettet
allerdings Wasserzeichen in Bild und Ton nicht ein und loggt auch die Vorführaktivitäten nicht mit.
Das ging jedoch mit 35mm-Pojektoren auch nicht. Man stelle sich vor, jemand will Kinobesitzer
ärgern, vielleicht ins Gefängnis bringen? Nichts leichter als das: Einen Film abfilmen, hochgeladen
ins Internet, fertig. Das ganze System ist ganz einfach von Abnehmerseite nicht durchdacht oder
von den großen Kinoverbänden nicht kommuniziert worden (ausdrücklich ausgenommen der BkF,
dem schlicht Kapazitäten fehlen).
“Von Seiten der Kinobetreiber wird die Qualität der Projektion bei DCI-Projektoren
hervorgehoben.”
Von A-Cinema werden die Vielseitigkeit und die geringen Betriebskosten hervorgehoben. Diese
Aussage zur Qualität hat so viel Informationswert wie: Heute ist schönes Herbstwetter. Hingegen ist
die Vielseitigkeit, die DCI-Konformität nicht bietet, für uns DCI-Kompatible kein Nebenprodukt,
sondern essentiell. Wie oft erhalten wir z.B. Apple Pro-Res Dateien oder Werbung in den
verschiedensten Formaten, bei deren Wiedergabe DCI versagt! Theoretisch ist DCI einzig bei der
Farbtiefe überlegen(12 vs. 8/10bit), die aber auch nur im direkten Vergleich wahrnehmbar wäre. So
zeigte ein Probescreening für einen Regisseur beispielsweise die überragende Qualität von ACinema.
Mit der DCI-konformen Vorführung eines anderen Kinos war er nicht zufrieden.
Bei einem der größten Dokfestivals Europas, bei dem die Cinémathèque Leipzig seit Jahren
mitspielt und dieses Jahr 30 Filme problemlos gezeigt hat, haben Besucher nach der Qualität
gefragt. Die Antworten fielen ausnahmslos in dieses Schema: War da etwas anders? Habe ich/haben
wir nicht darauf geachtet – danach ging es vorzugsweise längere Zeit um den Inhalt des Films, weil
die Qualität von A-Cinema einfach ebenbürtig ist.
Konsequenzen
A-Cinema wird seinen Vorsprung gegenüber DCI bezüglich Wartungskosten und Vielseitigkeit
ausbauen und wahrscheinlich warten (müssen?), bis die DCI-konformen Geräte ausfallen, die dann
ohne Förderung nicht ersetzt werden können. Politisch muß einer breiteren Öffentlichkeit
verdeutlicht werden, daß wir spätestens über TTIP/TiSA auch in kultureller Hinsicht zu einer USamerikanischen
Kolonie erniedrigt werden (siehe auch in rechtsstaatlicher Hinsicht7). Nur eine
breite Inititiative gegen TTIP in der Öffentlichkeit kann mithelfen, die unsinnige Blockadehaltung
aus den USA auch gegen DCI-kompatible Systeme endlich zu beenden.8 Zu betonen ist auch, daß
wir mit deutschen Verleihern wie Constantin und andern äußerst erfolgreich auf Basis des DCIkompatiblen
Players zusammenarbeiten.
Große Konzerne der Unterhaltungsindustrie speziell aus USA und Japan haben heutzutage die
Finanzkraft und den politischen Flankenschutz, unseren europäischen Kulturbetrieb zunehmend nur
7 Deutscher Richterbund lehnt Errichtung eines Investitionsgerichts für TTIP ab, Stellungnahme des Deutschen
Richterbundes 04/16 vom Februar 2016
8 http://a-cinema.de/index.php/de/news/items/kartellamtsbeschwerde.html
noch im Sinne materieller Verwertbarkeit zu durchdringen, auf daß nicht mehr lokale Vielfalt,
sondern Marktmacht entscheidet: Zunehmende Anpassung und Gleichschaltung des Kulturbetriebes
statt lokaler Unternehmensinitiative, zunehmende finanzielle Abhängigkeit kleinerer Theater,
Kinos, Tanzwerkstätten, sozialer Einrichtungen etc. hängt vom Gutdünken – oder könnte man
besser sagen von der Willkür – politischer Entscheidungsträger und Steuerung der vor allem jungen
Konsumenten durch spaßverheißende Werbestrategien ab. Finanzmächtige Anbieter im
Kulturbetrieb bekommen offensichtlich Vorzugskonditionen wie etwa zentrale Plätze einer Stadt,
um ihre „Events“ mit Hilfe zugemieteter Dienstleistungen oder gigantischer Technikparks der ganz
Großen der Branche „durchziehen“ zu können. Nach erfolgreichem finanziellem „Abräumen“ zieht
die Karawane weiter. Langfristig führt das zur Ausschaltung lokaler Unternehmen und bedeutet
einen Frontalangriff auf gewachsene Strukturen der Region. Statt kultureller Vielfalt im Kleinen
bleibt dann oft nur öde Einfalt.
Schließlich ist zusammenfassend festzuhalten:
 führen auch DCI-kompatible Kinos Filme vollwertig vor.
 sind DCI-kompatible Systeme (zukunfts)sichere und qualitativ hochwertige Systeme.
 beliefern namhafte deutsche Verleiher DCI-kompatible Systeme ohne Probleme. Es gibt
übrigens deutsche Verleiher, die im Vertrauen auf einen vertragsgerechten Umgang mit
den DCPs selbige sogar ohne Verschlüsselung liefern.
 ist das DCI-kompatible System des A-Cinema mittlerweile in Deutschland ein Standard.
© Verein Fördrung der Filmkultur e.V., Höchstadt 2/2016