Die Jugend auf den konstruktiven Weg mitnehmen Werteerziehung in Familie und Schule als Gegengewicht zu den destruktiven Wirkungen derMediengewalt

Die Jugend auf den konstruktiven Weg mitnehmen Werteerziehung in Familie und Schule als Gegengewicht zu den destruktiven Wirkungen derMediengewalt

Thesen
These 1: Es gibt keine Erziehung ohne Wertevermittlung. Charakterentwicklung und
Werteerziehung gehen Hand in Hand.
These 2: Viele von elektronischen Medien transportierte Inhalte vermitteln unseren ethischen
Werten entgegengesetzte (Un-)Werte.
These 3: Eltern und Schule müssen ethische Wertorientierungen legen und stärken, die auf
das Gemeinwohl gerichtet sind.
These 4: Wir werden die Jugend nur zur Kooperation gewinnen, wenn wir mit ihnen auf gleichwertiger Ebene ein Bündnis für Menschlichkeit eingehen.

Unwerte, die den obengenannten Wertvorstellungen von Eltern und Lehrern diametral
entgegengesetzt sind und die mit den Grundüberzeugungen einer humanen, zivilisierten Welt
unvereinbar sind.
Die Lebensaufgaben stellen hohe Anforderungen an die Heranwachsenden
Die Heranwachsenden – insbesondere die Jugendlichen – stehen im jeweiligen Lebensabschnitt vor
vielfältigen Anforderungen: Das Kindergartenkind verlässt die kleine, vertraute
Familiengemeinschaft für einen Halbtag, um sich in eine neue Gemeinschaft von zum Teil
unbekannten Kameraden einzuleben und den Anweisungen einer neuen Bezugsperson zu
gehorchen.
Das trifft auch auf das Schulkind zu, für das der Eintritt in eine neue Gemeinschaft von
Gleichaltrigen, das Erlernen von Buchstaben und Zahlen usw. je nach seelischer Vorbereitung
ebenfalls Anforderungen an seine Gefühle, seinen Mut und seinen Lebensstil stellt, das heisst die
Art und Weise, wie es die gestellten Anforderungen angeht.
Kommt das Kind dann in die Pubertät und ins Jugendalter, steht er oder sie vor neuen
Herausforderungen – die aber gut zu bewältigen wären. Der Jugendliche will beweisen, dass er kein
Kind mehr ist, findet sich aber in der Erwachsenenwelt noch nicht zurecht. Manche sind unsicher
gegenüber dem anderen Geschlecht, manche nicht. Das Verhältnis zum anderen Geschlecht
beschäftigt ihn. Auch die Leistungsanforderungen machen einigen zu schaffen. Manche träumen
davon, das Lateinvokabelheft nachts unters Kopfkissen zu legen und am nächsten Morgen alle
Wörtchen zu können. Kommt einer mit einem Klassenkameraden nicht klar, weil der ihn ärgert,
weil der viel bessere Noten schreibt oder sich seine heimliche Liebe geschnappt hat, verweilen
manche in narzistischer Kränkung. In der Klasse oder in seiner Jugendclique möchte ein anderer
gerne der Grösste sein, der beste Schüler, der beste Sportler, der Beliebteste bei den Mädchen.
Meistens fehlt es nur an etwas Besonnenheit und Ausdauer, in kleinen Schritten seine Kompetenzen
zu entwickeln. Statt dessen verweilen viele bei Hyperempfindlichkeit gegenüber Kritik,
Massnahmen, Einschränkungen der Erwachsenen.
Die destruktive Rolle der elektronischen Medien
Bei einem Versagen des Jugendlichen in einer Lebensaufgabe kann ein Einbruch im
Selbstwertgefühl zu einem Abdriften in irritiertes Geltungs- und Machtstreben führen, welches
dann mit Hilfe der elektronischen Medien vermeintlich befriedigt wird.
Der «American Way of Life» hat uns eine ganze Palette von elektronischen Programmen beschert,
deren Inhalte wir vielfach erst jetzt genauer analysieren. Sie vermitteln den Jugendlichen keine
konstruktiven Werte, sondern verstärken ihre Unsicherheit, ihre Mutlosigkeit und ihre Ängste. Sie
treiben sie in die Isolation, gaukeln ihnen aber mit der sogenannten Gamercommunity, den Clans,
eine Pseudogemeinschaft vor, in der keine wirkliche menschliche Beziehung, kein Vertrauen, keine
Freundschaft, keine gegenseitige Hilfe entstehen kann, sondern in der eine gnadenlose Konkurrenz
sowie männliche Attribute vorherrschen wie cool, aggressiv, sadistisch, mächtig sein. Der
Jugendliche meint, er habe jetzt doch über 100 neue Freunde, und versteht nicht, warum er sich
trotzdem einsam und innerlich leer fühlt.
Die Schwäche- und Unzulänglichkeitsgefühle, die ihn am Vormittag in der Schule plagen, hat er am
Nachmittag am Computer scheinbar nicht mehr. In seiner virtuellen Welt lassen sich alle diese
Probleme per Mausklick lösen. Dann kann doch nicht stimmen, was die Eltern und Lehrer immer an
ihm auszusetzen haben. Er ist doch ein Superman, ein Nationbuilder, ein Counterterrorist, ein
Feldherr, der ganze Heerlager mit Atomwaffen aufrüsten kann, der liebe Gott, der über Leben und
Tod entscheidet.
In Wirklichkeit bleibt der Heranwachsende – ähnlich wie beim Drogenmissbrauch – in seiner
Charakterentwicklung stehen, wächst nicht heraus aus seinen Schwächegefühlen. Im Gegenteil: er
regrediert und trainiert Gewalt.
Es geht immer ums Töten, Abschlachten, die Bösen verfolgen, sie quälen, foltern, sie hinterrücks
meucheln, sie auf dem Grill rösten und mit dem Flammenwerfer verdampfen. In den weniger
brutalen Spielen erlebt er sich als über allen Menschen Stehender, als Deus ex machina, schiebt
Völker hin und her, lässt Kriege führen.
Der junge Mensch, der sich den Anforderungen des realen Lebens nicht stellen kann, der ausweicht,
findet im Online-Spiel einen «idealen» Ausgleich, eine Kompensation seiner Insuffizienzgefühle,

Thesen
These 1: Es gibt keine Erziehung ohne Wertevermittlung. Charakterentwicklung und
Werteerziehung gehen Hand in Hand.
These 2: Viele von elektronischen Medien transportierte Inhalte vermitteln unseren ethischen
Werten entgegengesetzte (Un-)Werte.
These 3: Eltern und Schule müssen ethische Wertorientierungen legen und stärken, die auf
das Gemeinwohl gerichtet sind.
These 4: Wir werden die Jugend nur zur Kooperation gewinnen, wenn wir mit ihnen auf gleichwertiger Ebene ein Bündnis für Menschlichkeit eingehen.

von Rudi und Renate Hänsel
Vortrag an der Tagung «Werteerziehung, Lebenserfolg, audiovisuelle Medien. Zum Problem der
Mediatisierung von Kindheit» in Berlin am 19. Oktober 2009*
Wir werden darlegen, dass Charakterbildung immer im Zusammenhang mit Wertebildung
geschieht. Es gibt keine Entwicklung und keine Erziehung ohne Werte. Dann werden wir Ihr
Augenmerk auf die verheerenden psychosozialen Folgen der Gewaltdarstellungen in den
audiovisuellen Medien lenken, die unsere Kinder und Jugendlichen eine Reihe amoralischer und
asozialer Unwerte lehren, die mit den Werten einer zivilisierten Welt unvereinbar sind. Diese durch
Bild, Sprache und Interaktion vermittelten Unwerte, wie zum Beispiel Feindseligkeit und Macht,
sind für immer mehr Kinder und Jugendliche Orientierung für ihre Einstellungen und
Verhaltensweisen, das heisst, für ihr Fühlen, Denken und Handeln, für ihre Charakterbildung.
Das Ausmass der heutigen Kinder- und Jugenddelinquenz in vielen europäischen Ländern ist für die
Gesellschaften dieser Länder eine Katastrophe: Bürgerkriegsähnliche Jugendunruhen in
Grossbritannien, den Niederlanden, in Dänemark und Schweden, in Griechenland, Frankreich und
in Deutschland. Auch in der Schweiz hat laut einer Studie des Kriminologischen Instituts der
Universität Zürich vom August 2009 («Jugenddelinquenz im Kanton St. Gallen») etwa jeder dritte
der 15-/16jährigen Jugendlichen Gewalt erlebt, und rund 25% haben selber Gewalt begangen. Die
Studie wurde vom Kanton St. Gallen in Auftrag gegeben, um die Möglichkeiten der Prävention
besser auszuloten. Dieses Ausmass der Täter- und Opfererfahrung hat alle überrascht.
Damit die elektronischen Medien Gewaltbereitschaft von Jugendlichen nicht verstärken, sollten die
Jugendlichen lernen auszusortieren, was sinnvoll ist und was nicht, und lernen, mit den Medien
etwas Vernünftiges anzufangen. Wie können wir Eltern und Lehrer das bewirken? Die
Heranwachsenden lassen sich heute nur schwer etwas verbieten, und ausserdem muss heute jeder
zur Vorbereitung auf den zukünftigen Beruf den Computer vernünftig handhaben können.
Unser Ansatz ist der folgende: Nur wenn solche Lernprozesse in ein ethisches Wertegefüge
eingebettet sind, haben die Heranwachsenden einen Kompass für einen konstruktiven Umgang mit
den Medien. Und diese Werte müssen in der Familie gelegt und in den gesellschaftlichen
Institutionen wie Kindergarten und Schule verstärkt und konsequent durchgesetzt werden.
Weil wir aus langjähriger Erfahrung als Eltern und Lehrer wissen, dass alle Bemühungen nicht
fruchten, wenn es uns nicht gelingt, unsere Jugend vom destruktiven Weg abzubringen und sie zur
Kooperation im Mitmenschlichen anzuleiten, werden wir einen grossen Teil unserer Ausführungen
ganz praxisnah dieser Frage widmen.

  1. Werte werden im mitmenschlichen Bezug erlernt
    Der Mensch ist fähig, zwischen bekömmlichen und schädlichen, gesunden und kranken, positiven
    und negativen Tendenzen im Leben zu unterscheiden und so Werte zu setzen, Kultur zu schaffen,
    eine Ethik zu entwickeln. Das inhaltliche Grundprinzip, dem alle Werte verpflichtet sein müssen,
    ist, dass «alles Tun und Lassen […] der Humanität (d.h. der Selbst- und Höherentwicklung des
    Menschen, dem Schutz und der Würde des Einzelnen und der Menschheit insgesamt) dienen muss».
    (Werner Wiater)

Thesen
These 1: Es gibt keine Erziehung ohne Wertevermittlung. Charakterentwicklung und
Werteerziehung gehen Hand in Hand.
These 2: Viele von elektronischen Medien transportierte Inhalte vermitteln unseren ethischen
Werten entgegengesetzte (Un-)Werte.
These 3: Eltern und Schule müssen ethische Wertorientierungen legen und stärken, die auf
das Gemeinwohl gerichtet sind.
These 4: Wir werden die Jugend nur zur Kooperation gewinnen, wenn wir mit ihnen auf gleichwertiger Ebene ein Bündnis für Menschlichkeit eingehen.

Die Jugend auf den konstruktiven Weg mitnehmen
Werteerziehung in Familie und Schule als Gegengewicht zu den destruktiven Wirkungen der
Mediengewalt
von Rudi und Renate Hänsel
Vortrag an der Tagung «Werteerziehung, Lebenserfolg, audiovisuelle Medien. Zum Problem der
Mediatisierung von Kindheit» in Berlin am 19. Oktober 2009*
Wir werden darlegen, dass Charakterbildung immer im Zusammenhang mit Wertebildung
geschieht. Es gibt keine Entwicklung und keine Erziehung ohne Werte. Dann werden wir Ihr
Augenmerk auf die verheerenden psychosozialen Folgen der Gewaltdarstellungen in den
audiovisuellen Medien lenken, die unsere Kinder und Jugendlichen eine Reihe amoralischer und
asozialer Unwerte lehren, die mit den Werten einer zivilisierten Welt unvereinbar sind. Diese durch
Bild, Sprache und Interaktion vermittelten Unwerte, wie zum Beispiel Feindseligkeit und Macht,
sind für immer mehr Kinder und Jugendliche Orientierung für ihre Einstellungen und
Verhaltensweisen, das heisst, für ihr Fühlen, Denken und Handeln, für ihre Charakterbildung.
Das Ausmass der heutigen Kinder- und Jugenddelinquenz in vielen europäischen Ländern ist für die
Gesellschaften dieser Länder eine Katastrophe: Bürgerkriegsähnliche Jugendunruhen in
Grossbritannien, den Niederlanden, in Dänemark und Schweden, in Griechenland, Frankreich und
in Deutschland. Auch in der Schweiz hat laut einer Studie des Kriminologischen Instituts der
Universität Zürich vom August 2009 («Jugenddelinquenz im Kanton St. Gallen») etwa jeder dritte
der 15-/16jährigen Jugendlichen Gewalt erlebt, und rund 25% haben selber Gewalt begangen. Die
Studie wurde vom Kanton St. Gallen in Auftrag gegeben, um die Möglichkeiten der Prävention
besser auszuloten. Dieses Ausmass der Täter- und Opfererfahrung hat alle überrascht.
Damit die elektronischen Medien Gewaltbereitschaft von Jugendlichen nicht verstärken, sollten die
Jugendlichen lernen auszusortieren, was sinnvoll ist und was nicht, und lernen, mit den Medien
etwas Vernünftiges anzufangen. Wie können wir Eltern und Lehrer das bewirken? Die
Heranwachsenden lassen sich heute nur schwer etwas verbieten, und ausserdem muss heute jeder
zur Vorbereitung auf den zukünftigen Beruf den Computer vernünftig handhaben können.
Unser Ansatz ist der folgende: Nur wenn solche Lernprozesse in ein ethisches Wertegefüge
eingebettet sind, haben die Heranwachsenden einen Kompass für einen konstruktiven Umgang mit
den Medien. Und diese Werte müssen in der Familie gelegt und in den gesellschaftlichen
Institutionen wie Kindergarten und Schule verstärkt und konsequent durchgesetzt werden.
Weil wir aus langjähriger Erfahrung als Eltern und Lehrer wissen, dass alle Bemühungen nicht
fruchten, wenn es uns nicht gelingt, unsere Jugend vom destruktiven Weg abzubringen und sie zur
Kooperation im Mitmenschlichen anzuleiten, werden wir einen grossen Teil unserer Ausführungen
ganz praxisnah dieser Frage widmen.

  1. Werte werden im mitmenschlichen Bezug erlernt
    Der Mensch ist fähig, zwischen bekömmlichen und schädlichen, gesunden und kranken, positiven
    und negativen Tendenzen im Leben zu unterscheiden und so Werte zu setzen, Kultur zu schaffen,
    eine Ethik zu entwickeln. Das inhaltliche Grundprinzip, dem alle Werte verpflichtet sein müssen,
    ist, dass «alles Tun und Lassen […] der Humanität (d.h. der Selbst- und Höherentwicklung des
    Menschen, dem Schutz und der Würde des Einzelnen und der Menschheit insgesamt) dienen muss».
    (Werner Wiater)

Unwerte, die den obengenannten Wertvorstellungen von Eltern und Lehrern diametral
entgegengesetzt sind und die mit den Grundüberzeugungen einer humanen, zivilisierten Welt
unvereinbar sind.
Die Lebensaufgaben stellen hohe Anforderungen an die Heranwachsenden
Die Heranwachsenden – insbesondere die Jugendlichen – stehen im jeweiligen Lebensabschnitt vor
vielfältigen Anforderungen: Das Kindergartenkind verlässt die kleine, vertraute
Familiengemeinschaft für einen Halbtag, um sich in eine neue Gemeinschaft von zum Teil
unbekannten Kameraden einzuleben und den Anweisungen einer neuen Bezugsperson zu
gehorchen.
Das trifft auch auf das Schulkind zu, für das der Eintritt in eine neue Gemeinschaft von
Gleichaltrigen, das Erlernen von Buchstaben und Zahlen usw. je nach seelischer Vorbereitung
ebenfalls Anforderungen an seine Gefühle, seinen Mut und seinen Lebensstil stellt, das heisst die
Art und Weise, wie es die gestellten Anforderungen angeht.
Kommt das Kind dann in die Pubertät und ins Jugendalter, steht er oder sie vor neuen
Herausforderungen – die aber gut zu bewältigen wären. Der Jugendliche will beweisen, dass er kein
Kind mehr ist, findet sich aber in der Erwachsenenwelt noch nicht zurecht. Manche sind unsicher
gegenüber dem anderen Geschlecht, manche nicht. Das Verhältnis zum anderen Geschlecht
beschäftigt ihn. Auch die Leistungsanforderungen machen einigen zu schaffen. Manche träumen
davon, das Lateinvokabelheft nachts unters Kopfkissen zu legen und am nächsten Morgen alle
Wörtchen zu können. Kommt einer mit einem Klassenkameraden nicht klar, weil der ihn ärgert,
weil der viel bessere Noten schreibt oder sich seine heimliche Liebe geschnappt hat, verweilen
manche in narzistischer Kränkung. In der Klasse oder in seiner Jugendclique möchte ein anderer
gerne der Grösste sein, der beste Schüler, der beste Sportler, der Beliebteste bei den Mädchen.
Meistens fehlt es nur an etwas Besonnenheit und Ausdauer, in kleinen Schritten seine Kompetenzen
zu entwickeln. Statt dessen verweilen viele bei Hyperempfindlichkeit gegenüber Kritik,
Massnahmen, Einschränkungen der Erwachsenen.
Die destruktive Rolle der elektronischen Medien
Bei einem Versagen des Jugendlichen in einer Lebensaufgabe kann ein Einbruch im
Selbstwertgefühl zu einem Abdriften in irritiertes Geltungs- und Machtstreben führen, welches
dann mit Hilfe der elektronischen Medien vermeintlich befriedigt wird.
Der «American Way of Life» hat uns eine ganze Palette von elektronischen Programmen beschert,
deren Inhalte wir vielfach erst jetzt genauer analysieren. Sie vermitteln den Jugendlichen keine
konstruktiven Werte, sondern verstärken ihre Unsicherheit, ihre Mutlosigkeit und ihre Ängste. Sie
treiben sie in die Isolation, gaukeln ihnen aber mit der sogenannten Gamercommunity, den Clans,
eine Pseudogemeinschaft vor, in der keine wirkliche menschliche Beziehung, kein Vertrauen, keine
Freundschaft, keine gegenseitige Hilfe entstehen kann, sondern in der eine gnadenlose Konkurrenz
sowie männliche Attribute vorherrschen wie cool, aggressiv, sadistisch, mächtig sein. Der
Jugendliche meint, er habe jetzt doch über 100 neue Freunde, und versteht nicht, warum er sich
trotzdem einsam und innerlich leer fühlt.
Die Schwäche- und Unzulänglichkeitsgefühle, die ihn am Vormittag in der Schule plagen, hat er am
Nachmittag am Computer scheinbar nicht mehr. In seiner virtuellen Welt lassen sich alle diese
Probleme per Mausklick lösen. Dann kann doch nicht stimmen, was die Eltern und Lehrer immer an
ihm auszusetzen haben. Er ist doch ein Superman, ein Nationbuilder, ein Counterterrorist, ein
Feldherr, der ganze Heerlager mit Atomwaffen aufrüsten kann, der liebe Gott, der über Leben und
Tod entscheidet.
In Wirklichkeit bleibt der Heranwachsende – ähnlich wie beim Drogenmissbrauch – in seiner
Charakterentwicklung stehen, wächst nicht heraus aus seinen Schwächegefühlen. Im Gegenteil: er
regrediert und trainiert Gewalt.
Es geht immer ums Töten, Abschlachten, die Bösen verfolgen, sie quälen, foltern, sie hinterrücks
meucheln, sie auf dem Grill rösten und mit dem Flammenwerfer verdampfen. In den weniger
brutalen Spielen erlebt er sich als über allen Menschen Stehender, als Deus ex machina, schiebt
Völker hin und her, lässt Kriege führen.
Der junge Mensch, der sich den Anforderungen des realen Lebens nicht stellen kann, der ausweicht,
findet im Online-Spiel einen «idealen» Ausgleich, eine Kompensation seiner Insuffizienzgefühle,

oder auf Gemeindeebene. Zum Beispiel wird durch die Mithilfe des Kindes im Haushalt der soziale
Ablauf in der Familie gestärkt, und beim Kind ergibt das eine Festigung des Selbstwertgefühls.
(«Unsere Familie funktioniert, und ich trage meinen Teil aktiv bei!») So macht die vierjährige
Tochter eines Kollegen schon jeweils eine sehr gute Salatsauce und ist stolz darauf. In einem
anderen befreundeten Haushalt bringen die Töchter der pflegebedürftigen Grossmutter, die mit im
Haushalt wohnt, nach dem Abendessen ein Schälchen Kompott, und einmal pro Woche besuchen
sie eine kranke Nachbarin, backen ihr einen Kuchen oder pflücken einen Blumenstrauss. Die
Familiengemeinschaft besteht nämlich nicht nur aus den Eltern, das müssen wir unsere Kinder klar
und deutlich wissen lassen. Dass wir ihnen daher nicht überbemüht jede Anstrengung abnehmen,
versteht sich von selbst.
Und in einer afrikanischen Familie unserer Bekanntschaft mit fünf Kindern hat jedes Kind seine
Aufgabe im Sozialablauf: Eines ist für die Wäsche, eines für das Kochen, zwei sind für die jüngeren
Geschwister und eines ist für den Einkauf zuständig.
In unserer Wohngemeinde sammeln Primarschulkinder zusammen mit einem pensionierten
Landwirt und dessen Traktor mit Anhänger regelmässig Altpapier ein, das wir gebündelt vor die
Haustüre legen. Sie haben grosse Freude dabei, nicht nur, weil dafür der Unterricht ausfällt. Dank
ihrer Arbeit ist es sauber im Dorf, und den älteren Mitbürgern wird der Weg zum Papiercontainer
erspart. Diese mitmenschlichen Aktivitäten im wirklichen Leben fördern den Stolz und das
Selbstbewusstsein der Kinder auf realistische Weise, sie verfestigen die positiven Anteile ihres
Charakters und stärken damit ihre ganze Persönlichkeit.
Auch im Leben des Jugendlichen können positive Wertehaltungen in einem aufrichtigen
zwischenmenschlichen Austausch mit seinen Eltern und Lehrern noch aktiv entwickelt und bestätigt
werden. Wir wissen von Jugendlichen in unserer Gemeinde, die in Nothelferkursen Wertehaltungen
lernen wie Verlässlichkeit, gegenseitige Hilfe, Solidarität, Sorgfalt und Fürsorge. Sie nehmen an
diesen Kursen freiwillig teil, bekommen dafür kein Geld, leisten aber einen Dienst an Dritten. Ihre
Motivation ist das Gefühl der Mitmenschlichkeit und sich für wichtige ethische Werte der
Gesellschaft einzusetzen. Die Erfahrung, auf der nützlichen Seite des Lebens zu stehen, stärkt diese
Jugendlichen. Ein 14jähriger meinte nach dreiwöchigem Schlamm-Schaufeln in einem
Überschwemmungsgebiet: «Das war die schönste Zeit in meinem Leben!» Auch das Engagement
als Rettungssanitäter beim Jugend-Rotkreuz oder als junges Mitglied bei der freiwilligen Feuerwehr
bedeutet Abenteuer und Stolz auf den konstruktiven Beitrag. Wenn ein Vater seinem Sohn
unterbreitet: «Ich möchte etwas für unsere Gemeinde tun. Ich mache bei der freiwilligen Feuerwehr
mit – und wo würdest du gerne mithelfen?», dann findet er Echo.
Viele Jugendliche engagieren sich in Projekten für den Frieden in der Welt oder leisten einen
materiellen oder ideellen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen in
Entwicklungsländern. Die Deza (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit) hat kürzlich
Projekte im Rahmen einer Kampagne «We care – you too?» ausgezeichnet. Ein Projekt, das einen
Preis erhielt, bestand darin, zusammen mit Jugendlichen aus Burkina Faso ein Kreditwesen für eine
Dorfgemeinschaft zu entwickeln. Computer und Internet waren hierbei unerlässliche Hilfsmittel.
Wenn solche Jugendliche sich mit elektronischen Medien beschäftigen, werden sie eine andere
Auswahl treffen. Ihre Aktivität ist dann in ein gefestigtes Wertegefüge eingebettet. So erwerben sie
nicht Medienkompetenz, sondern Medienbildung (Ostbomk-Fischer). Diese schliesst
Herzensbildung mit ein.
Die Schule muss helfen, Medienbildung zu vermitteln
Es ist die Aufgabe der Schule, die Fähigkeit der Heranwachsenden zu fördern, die Möglichkeiten,
aber auch die Risiken der modernen Medien und deren Wirkung auf die Entwicklung von Kindern
und Jugendlichen zu erkennen und einschätzen zu können. Unserer Meinung nach kann man die
Heranwachsenden nicht früh genug für die Mechanismen der Manipulation sensibilisieren. In den
70er/80er Jahren war das ein Pflichtprogramm für uns Lehrer. Auch heute sind Jugendliche
ansprechbar für dieses Thema, weil sie sich nicht gerne manipulieren lassen, weil sie es nicht gerne
haben, dass man mit ihnen macht. Wenn man sie über diese Mechanismen aufklärt, gehen sie gerne
mit und entwickeln eine innere Abwehr dagegen.
Einige Anregungen

Kürzlich hat die «Neue Zürcher Zeitung» einen Ordner mit Lektionen «Zeitung in der Schule –
Lesen macht gross»» schon für die Kleinen in der Primarschule angeboten. Daraus kann der Lehrer
eine Unterrichtseinheit mit folgenden drei Schritten entwickeln:

  1. Was für Medien gibt es überhaupt?
  2. Wie können Medien manipulieren, und was tut man, wenn man manipuliert wird?
  3. Was tun die elektronischen Medien mit den Menschen überhaupt?
    Werteorientierung gehört in alle Schulfächer
    Eine prosoziale Schulkultur wird auch das Selbstwertgefühl der Schüler stärken und so die
    notwendige Grundlage für ihre Werteentscheidungen bilden. Angesichts der allgemeinen
    Werteunsicherheit, des Wertepluralismus und des Werteverfalls in heutiger Zeit muss die Schule
    dem Thema Werteorientierung mehr Aufmerksamkeit schenken und sie bewusster planen. Wohl aus
    diesem Grund hat Bayern bereits Ende 2006 unter dem Motto «Werte machen stark» an allen
    Schulen des Landes die Initiative «Werteerziehung» gestartet, die bis heute anhält. Angestrebt
    wurde in Anlehnung an Wolfgang Brezinka eine «Werteeinstellungserziehung», die auf die
    «Vermittlung überindividueller Normen» abzielt. Die Forderungen und Anregungen, die im
    Rahmen dieser Initiative erhoben und gegeben wurden, können Anregung sein auch für
    Werteerziehung von Schule allgemein. Lesen Sie das im einzelnen nach unter
    www.werte.bayern.de.
    Beiträge weiterer gesellschaftlicher Kräfte
    Zuletzt möchten wir noch auf weitere gute Initiativen hinweisen. So hat das bayerische
    Kultusministerium bereits 2003 LAN-Partys und gewalthaltige Computerspiele in schulischen
    Räumen untersagt auf Grund von Beeinträchtigungen der Schüler und Begleiterscheinungen, die
    den schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag negativ beeinflussen. Andere Bundesländer – z.B.
    das Saarland – haben einen Anstandsunterricht fest in ihre Stundenpläne eingebaut.
    Die Landes- und Stadtpolizei Zürich und Winterthur hat 2006 auf Grund von Vorfällen mit
    Gewaltfilmen auf Schülerhandys in Zusammenarbeit mit dem kantonalen Volksschulamt Zürich mit
    einer Präventions-Kampagne bei Lehrern und in der Öffentlichkeit ein sehr positives Echo
    gefunden. Der Slogan auf den Plakaten hiess: «Gwalt isch feig! Hilf mit, gemeinsam die
    Gewaltkette zu durchbrechen. Sprich darüber! Hilf mit, andere vor Gewalt zu schützen. Handle
    gewaltfrei! Bleib nicht stumm! Lehrpersonen, Eltern und Polizei helfen dir. Bliib suuber! Kei Gwalt
    uf diim Compi und Handy. Gwalt isch feig.»
    Erst vor kurzem hörten wir von einem Kollegen aus Berlin, dass Polizisten – als ordnende Kraft in
    unserer Gesellschaft – im Stadtteil Spandau schwierige Jugendliche am Abend mit auf Streife
    nehmen, die ihnen dann helfen, zu anderen herumhängenden Jugendlichen auf öffentlichen Plätzen
    Kontakt herzustellen. Auch Fussballturniere organisieren diese Polizisten in angemieteten Hallen
    mit solchen heimatlosen Jungen.
    Und noch ein schönes Beispiel: Der Verband der Berliner Kaufleute gründete eine «Lesehilfe» für
    Berliner Grundschulen und demnächst auch für Oberschulen. Dabei unterstützen Hunderte von
    Rentnern als «Lesepaten» Lehrer in ihrer fachlichen und pädagogischen Arbeit. Durch das
    Vertrauensverhältnis, das sie zu den Kleinen aufbauen, machen diese Fortschritte im Lern- und
    Sozialverhalten. Sie zeigen Anstand gegenüber ihren Helfern und verbessern ihre Schulleistungen.
    Eine nachahmenswerte Idee auch für andere Städte.
    Was noch fehlt, ist, dass sich auch Politiker um das Wohl der Jugend verdient machen. So
    versprachen die Koalitionäre im Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 unter Punkt 6.3.
    «Aufwachsen ohne Gewalt», dass sie «den Schutz von Kindern und Jugendlichen nachhaltig
    verbessern wollen, weil die aktuellen Regelungen angesichts der rasanten Entwicklungen im
    Bereich der Neuen Medien noch nicht ausreichend sind, um den wachsenden Gefährdungen junger
    Menschen auf dem Mediensektor wirksam entgegenzutreten». Passiert ist wenig. Kein Verbot der
    Produktion und des Vertriebs von Killerspielen, kein ausreichender Schutz unserer Jugend. Es sieht
    so aus, als wäre das Gegensteuern vorerst uns überlassen.
  4. Wie können wir mit unseren Kindern und Jugendlichen ein Bündnis schliessen?
    Zum Abschluss wollen wir kurz andeuten, welche Haltung es bei uns Erwachsenen braucht, um
    unsere Kinder und Jugendlichen zur Kooperation im Mitmenschlichen zu gewinnen.

• Ganz sicher müssen wir sie als gleichwertige Kameraden nehmen, nicht als Kinder, sonst
vertrauen sie uns nicht, fühlen sich unterschätzt und sind gekränkt.
• Unsere Beziehung muss ehrlich sein – von beiden Seiten her.
• Was hilft, ist, Verantwortung einzufordern, die der Jugendliche übernehmen muss. Dann spürt er,
dass wir ihm etwas zutrauen.
• Wir sollten einen echten Beitrag für das Gemeinwohl einfordern. Das stärkt den
Heranwachsenden in seinem Selbstbewusstsein. Es darf keine Spielerei sein, kein «pädagogischer
Kniff».
• Und wir leben vor, was wir von ihnen verlangen, und laden sie ein, mit uns gemeinsam aktiv zu
werden.
• Einfordern sollten wir auch, dass sie wieder zuhören, wenn es um ihr Wohl und das Wohl des
Ganzen geht.
• Verbieten können wir einem Jugendlichen den Computer nicht. Er braucht ihn ja für die Schule
und für den späteren Beruf.
• Was wir auch versuchen können, ist, ihn bei seinem Stolz, bei seiner Ehre zu packen: «Du wirst
doch nicht der milliardenschweren Spieleindustrie deine kostbare Zeit opfern! Du hast doch
Besseres zu tun. Komm … »
Wie auch immer, wir müssen einen Weg finden, unsere Jugend für die Kooperation zu gewinnen:
«Wer in der Kinderstube, in der Familie nicht für die Gesellschaft und für die Mitarbeit gewonnen
wird, wird fortan auf unsozialen Wegen gefunden werden. Kann ihn die Schule auch nicht erlösen,
erschwert sie ihm vielleicht wissentlich oder ohne ihr Wissen die Einkehr zur Mitarbeit, so leistet
sie seinen Vorbereitungen zu Verwahrlosung Vorschub. Sie macht sich mitschuldig, wenn sie dem
Kind die Abkehr von der Mitarbeit erleichtert. Es bleiben dann dem Kinde nur wenige
Möglichkeiten übrig. Unter ihnen ist die Verwahrlosung die greifbarste und verlockendste.» (Alfred
Adler, in: «Soziale Praxis», Wien 1921)
In den bald hundert Jahren seit der Aussage dieses Pioniers der Jugendförderung sollten wir ja
einiges dazugelernt haben. •
Literatur:
Baumrind, D. (1987). A Developmental Perspective on Adolescent Risk Taking in Contemporary
America. In: Irwin, C. E. (ed.). Adolescent Social Behavior and Health. New Directions for Child
Development. San Francisco, P. 93–121. (Übersetzung: Renate Hänsel)
Glogauer, W. (2006). Wie Kinder und Jugendliche durch Sexmedien und Pornographie zu
Sexualtätern werden. In: Hänsel, R. u. R. (Hrsg.) (2006-2). S. u.
Hänsel, R. u. R. (Hrsg.) (2006-2). Da spiel ich nicht mit! Auswirkungen von «Unterhaltungsgewalt»
in Fernsehen, Video- und Computerspielen – und was man dagegen tun kann. Eine Handreichung
für Lehrer und Eltern. Donauwörth.
Hentig, H. v. (1999). Ach, diese Werte – Über eine Erziehung für das 21. Jahrhundert.
München/Wien.
Kusano, L. (2009). Sexuelle mediale Gewalt. Der «Arschfickersong» (www.vgmg.ch)
«Medienbildung» (www.gwg-ev.org)
Ostbomk-Fischer, E. (2008). Menschenbild und Medienbildung. In: gwg.ev 1/08
Schneider, H. J. (2002). Vorbeugung gegen tödliche Schulgewalt. In: forum kriminalprävention
4/2000, S. 26–28.
Staub, E. (1979). Positive Social Behavior and Morality. Vol. 2. Socialisation and Development.
New York. (Übersetzung: Renate Hänsel)
Ulfkotte, Udo (2009). Vorsicht Bürgerkrieg. Kopp Verlag
Wiater, W. (2003). Wertorientiert denken und handeln lernen. In: Katholische Erziehergemeinschaft
(Hrsg.). Christ und Bildung 04/2003, S. 4–9.
· Leicht geänderte Fassung des Vortrags, gehalten an der Tagung des Vereins Sichtwechel
e.V. für gewaltfreie Medien. Unterstützt wurde die Tagung vom Bundesministerium für
Familien, Senioren, Frauen und Jugend. Vortragsthema: «Die Wirkung der audiovisuellen
Medien auf die Charakterbildung von Heranwachsenden»

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